Ev. Kirche in Wuppertal Aktiv gegen sexualisierte Gewalt
Wuppertal · „Wer uns anruft, will uns etwas anvertrauen. Dabei geht es meistens um Grenzverletzungen oder sexualisierte Gewalt“, sagt Antje Tolksdorf. Sie und ihr Kollege Daniel Lünenschloß sind als Vertrauenspersonen für Verdachtsfälle von sexueller Gewalt vom Kirchenkreis Wuppertal berufen worden. Seit Januar 2021 regelt das Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt den Einsatz von Vertrauenspersonen in allen Kirchenkreisen.
Die 56-jährige Diakonin, die als Jugendleiterin in der Gemeinde Evangelisch Ronsdorf arbeitet, und der 34-jährige Gemeindepädagoge und Sozialarbeiter sind in Rufbereitschaft. „Wir als Vertrauenspersonen sind meistens die ersten, mit denen die Betroffenen über das Erlebte sprechen. Das ist immer mit sehr großer Scham verbunden. Darum ist Vertrauen das Wichtigste“, sagt Tolksdorf, die seit neun Jahren in dieser Funktion tätig ist.
Wichtig sei es, gut hinzuhören und die Anrufenden dann über weitere Hilfsmöglichkeiten zu informieren. „Wir bestärken die Betroffenen immer darin, dass der Anruf mutig und richtig ist“, so Tolksdorf. Auch wenn jemand etwas Auffälliges beobachtet hat, sind die Vertrauenspersonen ansprechbar.
Körperliche oder auch verbale sexualisierte Gewalt
Die Bandbreite der Fälle erstreckt sich von konkreten Verdachtsfällen, sowohl körperlicher als auch verbaler sexueller Gewalt bis hin zu vagen Vermutungen. „Es werden uns Situationen und Beobachtungen beschrieben, die mindestens mal ein komisches Bauchgefühl bei den Betroffenen hervorrufen. Wir sortieren dann in Ruhe, wie diese Situationen einzuordnen sind und geben Hinweise zu möglichen nächsten Schritten“, erklärt Daniel Lünenschloß, der seit einem halben Jahr als Vertrauensperson im Kirchenkreis eingesetzt ist.
Erfahrungsgemäß verlaufen die ersten Kontaktaufnahmen meistens anonym, um eine gewisse Distanz zu wahren. Manchmal geht es bei den Anrufenden auch um Geschehnisse, die lange zurückliegen.
Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt
Außerdem wirken die Vertrauenspersonen gemäß Schutzkonzept des Kirchenkreises zur Prävention sexualisierter Gewalt im so genannten Kriseninterventionsteam mit, das zusammengerufen wird, wenn kirchliche haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeitende einer Handlung sexualisierter Gewalt beschuldigt bzw. dessen verdächtigt werden.
Antje Tolksdorf und Daniel Lünenschloß sind über Schulungen und regelmäßige Treffen mit anderen Vertrauenspersonen gut vernetzt und können, wenn nötig, an entsprechende Stellen weiterleiten. Das können Angebote von unterschiedlichen Beratungsstellen sein, die Ansprechstelle der Landeskirche für den Umgang mit Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und manchmal auch einfach nur die Weiterleitung an die Mitarbeitenden der Telefonseelsorge. Dabei ist es ihnen wichtig, dass nur mit der Zustimmung der Betroffenen weitere Schritte eingeleitet werden.
Warum sich die beiden für Betroffene einsetzen wollen? „Mein Herz schlägt für Menschen und ich habe einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Sexualisierte Gewalt hat immer etwas mit Macht und Machtmissbrauch zu tun. Das darf nicht sein. Und schon gar nicht in der Kirche“, sagt Antje Tolksdorf. Und ihr Kollege ergänzt: „Mir ist es wichtig, dass sich Menschen wohl und angenommen fühlen. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen und mein Wissen und meine Erfahrungen einbringen.“
Beide Vertrauenspersonen haben ein offenes Ohr für Betroffene oder für den Fall, dass jemand etwas Auffälliges beobachte hat. Die Kontaktaufnahme kann auch anonym erfolgen.