Vor Gericht in Wuppertal Ehemalige „Gucci-Gang“: Wieder die Anklagebank

Wuppertal · Kapuze über dem Kopf, Mappe vorm Gesicht: So sitzen die drei jungen Männer (18, 19 und 21 Jahre) auf der Anklagebank. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wuppertal: Zwangsprostitution, Menschenhandel und Körperverletzung. Zwei der Angeklagten sind keine Unbekannten, sie sollen der „Gucci-Gang“ angehört haben.

Einer der Angeklagten mit Verteidigerin Andrea Groß-Bölting.

Foto: Sabine Maguire

Die Kameras klicken, die Kammer betritt den Saal. Um 9.48 Uhr eröffnet am vergangenen Donnerstag der Vorsitzende Richter Dr. Karsten Brehmer die Verhandlung, er nennt die Namen der Angeklagten und sagt dann: „Wir würden gerne als Erstes darüber sprechen, ob die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden soll.“ Man wird also nichts hören von diesem Prozess. Zum Schutz der Angeklagten, die zur Tatzeit teils noch jugendlich waren. Und auch zum Schutz der Mädchen, die von den Angeklagten „auf den Strich“ geschickt worden sein sollen.

Dass der Prozess auf mediales Interesse stößt, liegt daran, dass zwei der drei Angeklagten zur „Gucci-Gang“ gehört haben sollen, einer Gruppe von Jugendlichen, die sich zusammengefunden hatte, um Straftaten zu begehen. „Die Bande gilt als zerschlagen, die Rädelsführer sitzen in Haft“, so der Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft, Wolf-Tilman Baumert.

Vor fünf Jahren saßen die beiden „Gucci-Gang“-Mitglieder zum ersten Mal auf der Anklagebank. Damals hatten sie, gerade 14 Jahre alt, Ali Polat vor dessen Wohnung in Heckinghausen mit Tritten und Schlägen attackiert (die Rundschau berichtete). Der damals 70-Jährige schwebte nach dem gewalttätigen Übergriff in Lebensgefahr. Bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr blieb er ein Schwerstpflegefall. Die beiden Täter wurden wegen dieser Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.

Und nun die neue Anklage: Zwangsprostitution, Zuhälterei und gefährliche Körperverletzung. Die Tatvorwürfe: Die teils erst 15 Jahre alten Mädchen sollen sich anfangs selbst dazu entschlossen haben, sich zu prostituieren. „Soziale Medien haben dabei eine Rolle gespielt“, so Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert. Die Mädchen hätten sich Influencerinnen zum Vorbild genommen, die das Leben als Prostituierte „verherrlicht“ haben sollen. Sie seien auf die Angeklagten zugegangen, um sie um „Schutz“ zu bitten. Dabei habe auch eine Rolle gespielt, dass die jungen Männer in Wuppertal „einen brachialen Ruf“ gehabt hätten und dafür bekannt gewesen seien, auch schon mal zuzuschlagen.

Als die Mädchen „aussteigen“ wollten, sollen die drei jetzt Angeklagten Druck ausgeübt und dazu das Geld behalten haben. Hinzu kommt ein weiterer Tatvorwurf: Das Trio soll zwei Männer verfolgt und mit Messerstichen verletzt haben. „Einem der Opfer wurde das Gesicht zerschnitten“, so Baumert. Sollten sich die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Tatvorwürfe bestätigen, müssen zumindest die beiden vorbestraften Angeklagten mit hohen Strafen rechnen – im Bereich des Jugendstrafrechts.

Nebenklageanwalt Carsten Rebber, der eines der minderjährigen Opfer vertritt, sagt dazu: „Ich glaube nicht, dass sie noch erziehungsfähig sind.“ Er meint, dass vor dem Hintergrund der kriminellen Vorgeschichten der Täter nicht davon auszugehen sei, dass der mit einer Jugendstrafe verbundene Erziehungsgedanke noch greift.

Sechs Verhandlungstage stehen noch an, am 18. Juni soll das Urteil verkündet werden.