Auf ein Wort Auf verminten Wegen
Wuppertal · "Wir schaffen das!" und "Willkommen!" — viele Menschen hier ließen sich anstecken von einer Vision der Menschlichkeit für Tausende Menschen auf der Flucht aus Elend, Unrecht und Krieg. Aber jetzt: Es scheint, als macht uns die Vision von der Menschlichkeit Angst.
Angst vor der eigenen Courage.
Die Sorgen wachsen — um Kapazitäten und Ressourcen, um die Kosten. Schaffen wir das: die mühsame Arbeit der Integration? Angst vor Überforderung trifft auf Hassreden und geschürte Ängste. Die Wahlergebnisse der AfD machen Sorgen um die Stabilität unserer Demokratie, die Entsolidarisierung in Europa um die europäische Idee. Sie ist spürbar, die Sorge, dass die Kontrolle verloren geht, der gesellschaftliche Frieden auf der Kippe steht.
Der Gedanke scheint so nahe liegend: Besser einen Kompromiss eingehen. Besser Abstriche machen von der Vision der Menschlichkeit. Besser, das ganze Elend an der türkischen Grenze abfangen, damit hier der Druck rauskommt. Besser riskieren, dass viele der Flüchtenden dabei unter die Räder kommen, als hier den inneren Frieden und das Gleichgewicht aufs Spiel zu setzen. Besser wegsehen, als sich auf den steinigen und buchstäblich verminten Weg zu machen, ernsthaft an die Fluchtursachen zu gehen.
Ein Blick in die biblischen Geschichten von der Kreuzigung Jesu am Karfreitag und von seiner Auferstehung an Ostern beschämt uns. Als Jesus von Nazareth mit seiner Vision von Menschlichkeit, von Gottes Liebe und Gerechtigkeit, immer mehr Anhänger gewinnt, da bekommen die politischen und religiösen Führer seines Volkes Angst. Ihr Land ist von römischen Truppen besetzt. Was, wenn diese einen Aufstand wittern? Jesus bringt Unruhe, Chaos. Die Vision von der Menschlichkeit gerät außer Kontrolle. Da sagt es einer laut: Besser ein Mensch stirbt, als das ganze Volk. Besser Jesus opfern, als Chaos und Gewalt zu riskieren. Die Menschlichkeit weicht der Staatsraison.
Die christliche Botschaft von Ostern ist, dass Gott Jesus aus dem Tod auferweckt hat. Er ist auferstanden — und mit ihm seine Vision von der Menschlichkeit. Sie wird von Gottes Liebe besiegelt. Niemand kann sie mehr für tot erklären. Sie hat Kraft, mehr als der Tod. Ihr ist etwas zuzutrauen: Die Überwindung von Hass, von Vorurteil, von Selbstsucht. Die Botschaft von Ostern ist zugleich die Botschaft aufzustehen. Für die Menschlichkeit. Die Vision nicht aufzugeben. Sie nicht den Kompromissen zu opfern. Ostermenschen sollten unsere Politiker ermutigen: Wir wollen nicht, dass Menschen unter die Räder kommen für unseren Frieden. Wir sind bereit, dafür einzustehen. Lassen Sie uns das wagen, mit österlicher Courage!
Ihnen allen wünschen wir ein gesegnetes und frohes Osterfest!