Roland Mönig ist neuer Direktor des Von der Heydt-Museums „Dieser Reichtum muss neu erobert werden“
Wuppertal · Seinen Start in Wuppertal hätte er sich bestimmt anders vorgestellt: Seit Anfang April ist Dr. Roland Mönig Direktor des Von der Heydt-Museums.
Der 1965 in Bochum geborene Kunsthistoriker, der zuvor Direktor des Saarlandmuseums und des Saarbrücker Museums für Vor- und Frühgeschichte war, sitzt nun in seinem neuen Büro quasi gegenüber dem Turmhof – und blickt auf die verschlossenen Museumstüren. Die Welt dahinter ist für ihn allerdings kein komplettes Neuland: Roland Mönig war von 1995 bis 1997 bereits freier Mitarbeiter im Von der Heydt-Museum.
„Die Kunstwerke sind zurzeit sehr für sich“, so eröffnet Mönig das Telefongespräch mit der Rundschau – und fügt hinzu: „Aber ich bin gedanklich bei den Bildern.“ Außerdem bewertet er die außergewöhnliche aktuelle Situation auch „als Chance, nicht gleich mit Vollgas starten zu müssen, sondern sich in Ruhe mit den tollen Kollegen aus dem Team über die Zukunft des Von der Heydt-Museums austauschen zu können“. Und diese Zukunft steht nach Auffassung des neuen Chefs besonders im Zeichen zweier Themen – der Sammlung des Hauses und der Digitalisierung. Die Sammlung des Von der Heydt-Museums vor allem ist es, die den Mann, der seine Doktorarbeit zum Thema „Franz Marc und Georg Trakl – Ein Beitrag zum Vergleich zwischen Malerei und Literatur des Expressionismus“ geschrieben hat, ins Schwärmen geraten lässt. 3.000 Gemälde, 30.000 Arbeiten auf Papier sowie 400 Skulpturen: „Das ist eine der schönsten und größten Sammlungen in der deutschen Museumslandschaft. Diese Vielfalt, dieser Reichtum kann und muss immer neu erobert werden.“ Dabei geht es Mönig zwar vor allem um die Moderne oder die zeitgenössische Kunst, aber auch das Mittelalter, das 17. sowie das 19. Jahrhundert. Sein Fazit: „Da steckt alles drin!“
Wie soll man sich eine in den Vordergrund rückende Sammlung vorstellen? Roland Mönig: „Indem man sie weiterdenkt, ihre Bedeutung offensiv ins Heute holt. Das Von der Heydt-Museums wurde vor über 100 Jahren aus einem avantgardistischen Impuls gegründet, und dieser Blick auf das Zeitgenössische und nach vorn hat das Museum immer ausgezeichnet. Denken Sie auch an die 60er bis 80er Jahre, als Wuppertal wichtiger Schauplatz des künstlerischen Aufbruchs im Rheinland war. Vor diesem Hintergrund würde ich gerne die Frage stellen: Was kann das Museum heute beitragen?“
Und die Digitalisierung, durch die in der Corona-Zeit in vielen Branchen (und im Privaten) das Leben weiterhin aufrechterhalten werden kann? Roland Mönig nimmt kein Blatt vor den Mund: „Da ist noch einiges zu tun.“ Das Museum sei zwar in Sachen seiner Homepage und seines Social-Media-Auftrittes schon aktiv, aber gerade die Sammlung, für die der neue Leiter den Vergleich zwischen „Datenbank und Bilderbank“ zieht, müsse in der digitalen Welt deutlich stärker vermittelt werden: „Diese Kräfte erwachen jetzt, und wir haben eine eigene Arbeitsgruppe dafür gebildet.“
Auch der wichtige Kunst- und Museumsverein stehe voll hinter der Digitalisierungs-Aufgabe – für Mönig ein weiteres Beispiel für das modern orientierte bürgerschaftliche Engagement, aus dem heraus schließlich auch das Museum selbst Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden sei. Aber bei aller Virtualität bleibt Roland Mönig fest in der Wirklichkeit verankert: „Alles, was wir digital machen, kann das Original und die sinnliche Begegnung mit dem Originalkunstwerk nicht ersetzen. Es ist etwas anderes, ob ich mich am Bildschirm durch eine Galerie klicke oder zusammen mit anderen Menschen vor einem Kunstwerk stehe. Mein Ziel ist, dass wir die Lock- und Botenstoffe der digitalen Welt offensiv einsetzen, um die Menschen zur ‚echten’ Kunst zu holen.“
Für dieses „Hereinholen“, so findet Roland Mönig, sind die Voraussetzungen in Wuppertal besonders gut. Weil das Von der Heydt-Museum mitten in der Stadt liegt. „In Saarbrücken oder auch in Kleve, wo ich vorher war, sind die Museen sozusagen Inseln im urbanen Gefüge mit Gärten drumherum. Dorthin muss man sich schon gezielt auf den Weg machen. Hier in Wuppertal strömen jeden Tag so viele Menschen hautnah am Museum vorbei. Das ist eine Situation, in der große Chancen stecken.“