Immobilien-Rundschau Der Nießbrauch - was ist das eigentlich?
Wuppertal · Immobilien kaufen, besitzen und verkaufen - das ist auch in Wuppertal ein Thema mit vielen Fragezeichen. Führende Marktexperten erklären in der Rundschau, was Anbieter und Interessenten wissen sollten.
Heute: Stephan Vollmer über Wohn-Immobilien und den Nießbrauch.
Nießbrauch ist das Recht auf die Nutzung fremder Dinge, ohne sie verändern zu dürfen. Diese Erklärung lässt sich zumindest in einschlägigen Lexika nachlesen. Und auch im Umgang mit Immobilien — mit Wohnraum also — kommt der Begriff Nießbrauch vor. Doch was können wir uns darunter genau vorstellen?
Ein einfaches Beispiel hilft uns beim Verstehen: Ein Ehepaar Anfang 70 möchte das selbst bewohnte Einfamilienhaus schon zu Lebzeiten der einzigen Tochter überschreiben — eventuell auch, um die ansonsten anfallende Erbschaftssteuer zu sparen. Allerdings wollen die beiden im Haus wohnen bleiben und verabreden daher mit dem eigenen Kind, der neuen Eigentümerin also, ein Nießbrauchrecht. In der Fachliteratur steht es so: "Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge kann Vermögen zwischen den Generationen übertragen werden, ohne die Übertragenden ganz von der Nutzung oder Fruchtziehung auszuschließen."
Damit die getroffene Nießbrauchregelung wirksam wird, muss sie notariell beglaubigt und im Grundbuch vermerkt werden. Doch worin unterscheidet sich ein Nießbrauchrecht vom Wohnrecht? Nießbrauch geht in der Regel über das einfache Wohnen hinaus — der Nießbraucher hat weitergehende Rechte. Er muss beispielsweise gar nicht selbst in der Immobilie wohnen, sondern könnte sie auch weitervermieten und die monatliche Miete einnehmen. Zumindest so lange, wie die Vermietung nicht vertraglich ausgeschlossen wurde. Wenn ein Umzug ins Pflegeheim ansteht, ist eine solche Mieteinnahme ziemlich sinnvoll.
Das Nießbrauchrecht endet übrigens — so nicht anders vertraglich geregelt — mit dem Tode des Nießbrauchers. Daraus können sich natürlich gewisse Probleme beim möglichen Verkauf einer Immobilie ergeben. Zumindest dürfte der Wert eines solchen Objektes deutlich gemindert sein.
Außerdem sei noch der Sonderfall des sogenannten Zuwendungsnießbrauchs erwähnt. Dabei kann der Eigentümer einer vermieteten Immobilie für einen Begünstigten ein befristetes oder dauerhaftes Nießbrauchrecht eintragen lassen. Dieser erhält dann die eingehenden Mieten und kann sich so beispielsweise ein Studium finanzieren. Allerdings müssen die Einkünfte auch vom Nießbraucher versteuert werden.
Nießbrauch kann auch helfen, Steuern zu sparen. Um dies zu verdeutlich, kehren wir noch einmal zu unserer Beispielfamilie zurück. Das von den Eltern der Tochter übertragene Haus hat einen Wert von 500.000 Euro. Der Freibetrag bei der Schenkungssteuer beträgt für jedes Kind jedoch lediglich 400.000 Euro, so dass 100.000 Euro versteuert werden müssten.
Wenn das Haus allerdings unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen wird und der Nießbrauch einen Wert von 200.000 Euro hat, kann dieser vom Wert der Immobilie abgezogen werden, so dass sich nur noch ein Restwert von 300.000 Euro ergibt. Dieser liegt wiederum unterhalb der steuerlichen Freigrenze. Eine Schenkungssteuer fällt damit nicht an.