Corona-Pandemie Rex- und Cinema-Chef: „Eine Stadt ohne Kino lebt nicht“
Wuppertal · Auch das Rex-Filmtheater und das Cinema Wuppertal sind von der Corona-Krise betroffen. Die beiden Wuppertaler Kinos sind vorübergehend geschlossen. Die Rundschau sprach mit Betreiber Mustafa El Mesaoudi über die aktuelle Situation.
Rundschau: Herr El Mesaoudi, können Sie die Entscheidung der Bundesregierung, das öffentliche Leben so weit herunterzufahren, nachvollziehen?
El Mesaoudi: „Ja! Es war wichtig, schnell und entschlossen gegenzusteuern, um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen. Die wertvolle Arbeit der Landesregierung, die den Schutz aller Bürger in den Mittelpunkt stellt, hat unsere volle Unterstützung. Als Betreiber haben wir die notwendigen Schließungen unserer Kinos uneingeschränkt mitgetragen, weil das Wohl unserer Besucher und Mitarbeiter wesentlicher Bestandteil unseres Handelns ist.“
Rundschau: Hätte man den Betrieb nicht weiter aufrechterhalten können, indem man zum Beispiel nur jeden dritten Platz besetzt und alle Besucher namentlich mit Kontaktdaten erfasst?
El Mesaoudi: „Vor den Schließungen hatten wir bereits solche Maßnahmen getroffen, aber die rasante Entwicklung erforderte weitere Maßnahmen. Wir bemerkten schon, dass unsere Besucher zunehmend nervöser wurden.“
Rundschau: Was bedeutet die vorübergehende Schließung für Sie persönlich und für Ihre Mitarbeiter? Wie viele Mitarbeiter haben Sie? Sind Gehaltszahlungen oder vielleicht gar Arbeitsplätze bedroht?
El Mesaoudi: „Die Anordnung der Stadt ist bis zum 19. April befristet. Wir gehen aber davon aus, dass wir wohl länger die Türen verschlossen lassen müssen. Dazu sind die Entwicklungen noch zu dynamisch. Die Fallzahlen steigen an, daher ist es notwendig, so lang es dauert, an diesen Maßnahmen festzuhalten. Natürlich ist jeder Tag ohne Publikum ein Tag, der unser Team tieftraurig macht und vor große Herausforderungen stellt. Derzeit ist nicht absehbar, was die Krise mit uns macht. Unsere Mitarbeiter sind noch an Bord.“
Rundschau: Wird Ihnen (finanzielle) Hilfe angeboten seitens der Stadt, des Landes NRW oder von bestimmten Verbänden? Betriebskosten wie die Miete laufen sicherlich weiter.
El Mesaoudi: „Das Land und der Bund haben einige Maßnahmenpakete angekündigt. Ob und wie uns die Maßnahmen helfen sollen, wissen wir noch nicht. Was uns nicht weiterhelfen wird, sind Kredite.“
Rundschau: Geht es hinter den Kulissen eigentlich weiter? Manche Betriebe nutzen die Zwangspause für verschiedene Arbeiten, die im Alltag sonst eher hinter anstehen.
El Mesaoudi: „Auch wir wollen verschiedene Arbeiten, die immer auf die lange Bank geschoben wurden, erledigen. Aber ein Großteil der Kollegen ist nun in Kurzarbeit.“
Rundschau: Viele Geschäfte, die schließen mussten, strukturieren um: Wer noch kein Lieferangebot hatte, liefert nun nach Hause, es finden Verkäufe aus Fenstern statt. Gibt es für Sie eine Alternative?
El Mesaoudi: „Wir zeigen auf unseren Leinwänden mehrfach täglich Filme sowohl mit populären, unterhaltenden Inhalten und Stars, als auch Filme mit Kunstanspruch, politischer oder aufklärerischer Intention. Wir bieten einen Ort des Austausches, einen wertvollen Diskursrahmen für gesellschaftliche Entwicklungen und künstlerischen Ausdruck über alle sozialen Schichten und Altersgruppen hinweg. Das kann man leider nicht auf alternative Weise anbieten. Kino ist der Ort, an dem Filme erst zur vollen Entfaltung kommen.
Rundschau: Streaming-Dienste boomen derzeit. Gute Alternative oder eher eine Gefahr für Kinos? Glauben Sie, dass sich die Leute daran gewöhnen könnten, dass sie das Kino „nicht brauchen“?
El Mesaoudi: „Der Erfolg der Streaming-Dienste hat zur Folge, dass das lineare TV verschwinden wird und dass bald keine DVDs und BluRays mehr verkauft werden. Die Streaming-Plattformen haben diese beiden Segmente auf den Kopf gestellt.“
Rundschau: Wie kann jeder Wuppertaler die kleineren Kinos beziehungsweise die Kulturszene in der Stadt jetzt unterstützen?
El Mesaoudi: „Halten Sie durch, bleiben Sie gesund und wenn Sie sich bald wieder voll entfalten können, gehen Sie ins Kino, ins Theater, ins Restaurant. Treffen Sie andere Menschen. Führen Sie sich immer vor Augen, wie wichtig die Kulturorte in einer Stadt sind, sie immer wieder zu besuchen und sie damit zu erhalten. Eine Stadt ohne Kinos, Theater und Museen lebt nicht.“