Bestattungskultur in der Corona-Zeit „Das ist sehr, sehr bitter“
Wuppertal · Viele Menschen, die jetzt – mitten in der Corona-Krise – einen Trauerfall in der Familie haben, fragen sich, wie es angesichts von Kontaktsperre & Co. nun gehen soll, miteinander und in Würde Abschied von dem geliebten Menschen zu nehmen. Die Rundschau fragte Bestatterin Barbara Neusel-Munkenbeck, die stellvertretend für all ihre Berufskollegen spricht.
„Es ist schon eine Herausforderung“, so Barbara Neusel-Munkenbeck: „Wir Bestatter sind jetzt noch die Überbringer einer zusätzlich taurigen Nachricht.“ Die Trauerfeier in einem geschlossenen Raum, für viele das absolut zentrale Element des Abschiednehmens, entfällt zurzeit ersatzlos. Ebenso wie das spätere Zusammensein in einem gastronomischen Rahmen. Am Grab selbst dürfen sich außerdem – mit großem Abstand voneinander – nur noch höchstens zehn Menschen versammeln. Zusätzlich der Pfarrer oder Trauerredner sowie der Bestatter. Eine Liste über alle Teilnehmenden mit deren Daten zu führen, ist darüber hinaus Vorschrift.
Barbara Neusel-Munkenbeck findet jedoch auch noch einen „Sonnenstrahl“ in dieser Zeit: „Durch das Glück mit dem Wetter sind zuletzt Open-Air-Bestattungen in kleinem Kreis möglich gewesen, die viele Menschen sogar als sehr wohltuend empfunden haben. Bei Regen und Schnee hätte sich das sicher anders angefühlt.“ Die Bestatter bemühen sich, die Beerdigungen trotz der vorgeschriebenen Beschränkungen so individuell und schön wie möglich zu gestalten: Beispielsweise durch Musik unter freiem Himmel, die entweder vom Band kommt oder sogar von „echten“ Musikern aufgeführt wird, die in gebührendem Abstand gewünschte Klänge und/oder Lieder präsentieren.
Für Urnenbestattungen ist die gesetzliche Frist zwischen dem Tod und der Beerdigung von sechs auf neun Wochen verlängert worden – doch nur die wenigsten Angehörigen mögen so lange warten. Auch, wenn sie es jetzt dürften. Die vorgeschriebene Zehn-Tagesfrist bei Erdbestattungen hat sich dagegen nicht geändert. Das Bekleiden und Aufbahren des Leichnams ist nun allerdings nicht mehr möglich: Der Körper des verstorbenen Menschen könnte Träger des Virus sein – deswegen muss er in eine Spezialfolie gewickelt werden.
Aber: Sowohl der (geschlossene) Sarg als auch die Urne sind während der kleinen Open-Air-Trauerfeier oberirdisch zu sehen, womit der Verstorbene sozusagen „anwesend“ ist. Und auch beim Versenken in die Erde dürfen die Trauernden (natürlich mit gebührendem Abstand zu den Sarg- oder Urnenträgern) dabei sein sowie danach mit Abstand zueinander ans offene Grab treten. Barbara Neusel-Munkenbeck: „Dass jetzt aber das gegenseitige In-den-Arm-Nehmen auch nicht mehr sein soll, das ist natürlich sehr, sehr bitter.“
Was die Bestatterin als besonders traurig empfindet, ist der Gedanke an Menschen, die jetzt in einem Altenheim im Sterben liegen: „Für diese letzte Lebensphase gibt es trotz des allgemeinen Besuchsverbotes zwar noch Zugangsmöglichkeiten. Aber nur mit strengen Auflagen wie aufwändiger Schutzkleidung und einzelnem Eintreten. Da steht viel Alleinsein im Raum, bei allen Betroffenen.“
Auch der Bestatter-Arbeitsalltag hat sich verändert: „Trauergespräche finden zwar noch statt“, so Barbara Neusel-Munkenbeck, „aber nur noch mit höchstens zwei Angehörigen und viel Abstand voneinander, und anstatt eines mitfühlenden Händedrucks werden Türgriffe und andere Flächen desinfiziert.“
Was die Bestatterin wichtig findet: Dass es – sobald wieder größere Versammlungen möglich sind – eine oder auch mehrere zentrale Trauerfeiern in Wuppertal geben sollte, bei denen das Abschiednehmen dann nicht mehr so „reduziert“ wäre, wie es zurzeit gezwungenermaßen ist.