Interview mit Dr. Daniel Lorberg "Solar Decathlon" in Wuppertal: „Wir rechnen mit 200.000 Gästen“

Wuppertal · Der internationale Gebäude-Energiewettbewerb Solar Decathlon Europe findet 2021 zum ersten Mal in Deutschland statt – und das ausgerechnet in Wuppertal. Für Dr. Daniel Lorberg, Projektleiter an der der Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen an der Bergischen Uni, ist das ein bisschen so, als hätte er Olympia nach Wuppertal geholt. Rundschau-Volontärin Hannah Florian sprach mit ihm.

Dr. Daniel Lorberg freut sich auf (s)ein internationales Großereignis.

Foto: Wuppertaler Rundschau

Herr Lorberg, der studentische Wettbewerb Solar Decathlon Europe findet in zwei Jahren in Wuppertal statt. Wie war das möglich?

Das Ganze fing so an, dass sich die Projektidee „Solar Decathlon goes Urban“ der Uni Wuppertal, des Wuppertal Instituts, Utopiastadt und weiteren Partnern bei einem Wettbewerb des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie durchsetzte, der entschied, welche Stadt aus Deutschland sich für die Ausrichtung des Solar Decathlons 2021 bewerben soll. Anschließend hat das weiterentwickelte Konzept es tatsächlich geschafft, sich im internationalen „Call for Cities“ gegen die Bewerberstädte aus anderen Ländern zu behaupten. Somit stand fest, dass der Solar Decathlon zum ersten Mal nach Deutschland, und zwar nach Wuppertal, kommt.

Was erwartet uns dann 2021?

Hier findet das Endevent des Wettbewerbs statt. Knapp 500 internationale Studierende werden im September für 14 Tage nach Wuppertal kommen und 18 kleine, aber voll funktionsfähige Häuser bauen, die Demonstratoren modernster Architektur, Technik und urbaner Wohnkonzepte darstellen. Zusätzlich rechnen wir mit bis zu 200.000 Besuchern. Das werden auf jeden Fall tolle zwei Wochen Festival und ein internationales Get-Together.

Wo werden die Häuser entstehen und wie groß werden sie sein?

Auf der Freifläche gegenüber des Mirker Bahnhofs an der Nordbahntrasse, im Mirker Quartier. Sie werden eine Grundfläche von ca. 100 Quadratmetern haben und dürfen sogar zweigeschossig gebaut werden.

Das Mirker Quartier bildet den Kontext des Wettbewerbs, ist sozusagen Reallabor für den Solar Decathlon Europe. Was bedeutet das?

Die internationalen Teams bekommen Beispielobjekte aus dem Quartier als Planungsgrundlage. Das Mirker Quartier ist ein besonderes Viertel: es ist günstig im Wohnraum, die Bewohner sind recht offen, das Einkommensniveau ist aber eher gering. Für uns ist die Frage interessant, wie man unter diesen Bedingungen Gebäude gemeinsam mit den Menschen im Quartier energetisch modernisieren kann. Dies ist keine Banalität, denn die anziehende Urbanisierung und der Klimawandel stellen uns vor die Herausforderung, die Stadt zur Hoffnung für die Zukunft zu machen, oder eben zum Gegenteil.

Werden die Menschen im Quartier in die Reallabor-Forschung einbezogen?

Mit Beginn des Jahres 2020 wird es verschiedene Arten von Bürgerbeteiligungen geben, etwa Workshops, um urbane Probleme herauszuarbeiten und an Lösungen zu feilen. Wir möchten herausfinden, was den Leuten im Quartier wichtig ist und wo nachgebessert werden kann. An einigen Stellen werden wir auch aktive Befragungen durchführen. Aber niemand ist verpflichtet, an unseren Formaten teilzunehmen.

Im Dezember 2019 stehen die teilnehmenden Teams bereits fest. Das Endevent findet aber erst in zwei Jahren statt. Bekommen wir in Wuppertal schon früher etwas vom Solar Decathlon mit?

Ja, im März oder April 2020 kommen alle Teams, also rund 500 Studierende, nach Wuppertal, wir stellen ihnen das Quartier vor und zeigen ihnen die Stadt. Ein Jahr später, im Januar 2021, kommen sie dann erneut, um an Workshops und Expertenrunden teilzunehmen. Im August 2021 rollen schließlich die Trucks mit den Häusern an und die Studierenden beginnen mit dem Aufbau. Aber letztendlich werden von nun an durchgehend verschiedene Veranstaltungen zum Thema Solar Decathlon und energetische Stadttransformation von dem Projekt ausgehen, so dass es eine Menge Möglichkeiten gibt sich zu informieren, zu partizipieren oder einfach zusammenzukommen.

Was geschieht mit den Gebäuden, wenn der Solar Decathlon Europe vorbei ist?

Die Hälfte der Häuser wird vermutlich wieder abgebaut, weil die Teams sie in Ihren Heimatländern zeigen wollen. Wir hoffen aber, dass acht Häuser stehen bleiben werden, die wir dann weiter beforschen können. Was passiert, wenn Leute wirklich mal darin wohnen? Ergibt die Konstruktion auch unter realen Bedingungen Sinn? Zusätzlich sollen alle acht Häuser als Hostel dienen, also als permanente Übernachtungsmöglichkeit für Gäste.

Wird es auch ein Wuppertaler Team geben?

Nein, Wuppertal sollte sich als Ausrichter nicht mit einem Team bewerben. Wir haben starke Einsicht in die Bewertung, dass wäre aus meiner Sicht problematisch. Aber natürlich können unsere Studierenden an anderen Stellen am Wettbewerb partizipieren, zum Beispiel als Paten oder als Volontäre.