Interview mit Jörg Degenkolb-Degerli „Somma“-Festival: „Alle wollen wieder raus“
Wuppertal · Der „Somma“ ist da! Das Kulturfestival ist die geballte Rückkehr der freien Kulturszene auf Wuppertals Bühnen. Los ging es bereits in der vergangenen Woche – und noch bis Oktober finden rund 80 Veranstaltungen auf diversen Bühnen im gesamten Stadtgebiet statt. Rundschau-Redakteurin Nina Bossy sprach mit Jörg Degenkolb-Degerli, der im „Somma“-Festival-Team die Öffentlichkeitsarbeit koordiniert, über die damit verbundenen Hoffnungen der Künstler nach anderthalb Jahren Pandemie.
Rundschau: Herr Degenkolb-Degerli, Sie sagen, der „Somma“ sei ein Festival aus dem Herzen der freien Szene. Wie geht’s diesem Herz – in welchem Zustand ist es?
Degenkolb-Degerli: „In künstlerischer Hinsicht ist es offenbar in bester Verfassung. Das zeigen die beeindruckend vielen Bewerbungen. Wirtschaftlich betrachtet ist es zumindest angeschlagen. Anders als es die Bundespolitik zunächst versprochen hatte, sind die im vergangenen Jahr gezahlten Soforthilfen doch zweckgebunden. Mit dem jetzt begonnenen Rückmeldeverfahren wächst bei vielen Künstlern die Sorge, dass sie eine stattliche Summe zurückzahlen müssen.“
Rundschau: So viel zur Hilfe des Bundes. Konnte die Stadt die Szene unterstützen? Und wenn ja, wie ist das gelungen?
Degenkolb-Degerli: „Die Stadt konnte zunächst mal nur beratend zur Seite stehen. Aber ein klares Bekenntnis zur freien Szene gab es 2020 ja trotzdem. Immerhin wurde die Verleihung des Von-der-Heydt-Kulturpreises ausgesetzt und Fördermittel in Höhe von 22.000 Euro sind in den Solidaritätsfonds „EinTopf“ geflossen. Den jetzigen Ball vom Bund hat die Stadt volley genommen. Eine halbe Million Euro wurde beantragt – und bewilligt. Damit kann ein solches Kulturfestival, das ja möglichst die ganze Bandbreite abbilden soll, gut finanziert werden.“
Rundschau: Wie hat sich die Organisation eines Festivals während dieser schweren Zeit angefühlt? Wie sehr hat die Ungewissheit der Zukunft das Programm geprägt? Haben Sie mehr Zurückhaltung – oder „jetzt-erst-recht“ gespürt?
Degenkolb-Degerli: „Jetzt erst recht! Und die Organisation läuft ja noch auf Hochtouren. Aber wir haben schon früh anhand der vielen Rückmeldungen erkannt: Alle wollen wieder raus und auf die Bühne. Jede Sparte hat sich angesprochen gefühlt. Es gibt Musik, Schauspiel, Literatur, Kleinkunst, Video-Installationen …
Rundschau: Neben den Künstlern haben auch die indirekt in der Kultur tätigen Menschen während der Pandemie enorm gelitten.
Degenkolb-Degerli: „Und auch die werden vom „Somma“ profitieren. Wuppertaler Veranstalter, Tontechniker und diverse Dienstleister – Geld und Jobs bleiben in der Stadt.
Rundschau: Die dritte Komponente jeder Veranstaltung ist das Publikum. Wie ist die Resonanz der Wuppertaler?
Degenkolb-Degerli: „Immer wenn es während der Pandemie die Möglichkeit gab aufzutreten, haben die Künstler sie wahrgenommen. Und auch die Zuschauer waren dann da – so wie es die Auflagen zugelassen haben. Ich denke, das Publikum ist genauso hungrig wie die vielen Kulturschaffenden.“