Interview mit Andy Scott, der mit "Sweet" nach Wuppertal kommt "Das ist die letzte große Tour"

Wuppertal · Insgesamt acht Nummer-Eins-Hits hatten Sweet in den 70ern in Deutschland, mehr schafften nur ABBA und die Beatles. Gitarrist Andy Scott hält als letztes Mitglied der Originalbesetzung die Fahne der legendären Glam-Rocker bis heute hoch.

Am Donnerstag (26. Mai 2016) macht er um 20 Uhr mit Sweet im Live Club Barmen Station. Rundschau-Redakteur Roderich Trapp sprach mit der Rock-Legende über den Auftritt und seine "Finale"-Tour.

Rundschau: Hi Andy, Wuppertal freut sich auf Sweet. Schon mal hier gewesen?

Scott: Ich glaube nicht, aber wir waren in 46 Jahren Sweet oft in der Gegend. Und da erinnere mich gut dann, weil man euch BFBS hören konnte. Das war die einzige Möglichkeit, in Deutschland heiße amerikanische Musik im Radio zu kommen.

Rundschau: Kennst du denn wenigstens unsere Schwebebahn?

Scott: Nein, was ist das. So eine Einschienenbahn?

Rundschau: Nein, eine Hängebahn, die 13 Kilometer durch unser Tal fährt.

Scott: Cool, vielleicht fahre ich da mal mit, wenn ich vorher Zeit habe.

Rundschau: In Wuppertal spielt Ihr ja im LCB, eine kleinere Location. Ist das was anderes als in einer riesigen Halle oder einem Stadion aufzutreten.

Scott: Eigentlich nicht. Die Show und die Band sind ja die gleiche, nur Licht und Sound werden etwas angepasst. Und für die Zuschauer ist es in kleinen Locations besser, weil sie näher an der Action dran sind.

Rundschau: Silvester 2016 hat Sweet bei der Party am Brandenburger Tor live gespielt. Ein besonderes Erlebnis?

Scott: Auf jeden Fall. Uns war gar nicht klar, was das für ein Ding ist. Da waren mehr als eine Million Menschen. Und backstage gab es nur ein unbeheiztes Zelt, obwohl es so kalt war. Zum Glück hatten wir Lederjacken, sonst wären wir erfroren.

Rundschau: Da könnt Ihr ja froh sein, dass Ihr nicht mehr die hautengen dünnen Glitzeranzüge aus den 70ern tragen müsst…

Scott: Ja. Aber mal ehrlich: Wer will denn auch einen 66-Jährigen wie mich in so einem Teil sehen. Wir mögen es auf der Bühne aber trotzdem immer noch ein bisschen ausgefallen.

Rundschau: Ob Berlin oder Wuppertal: Wie sind denn die deutschen Zuschauer eigentlich so?

Scott: Denen müssen wir sehr dankbar sein, weil die unsere Karriere immer am Leben gehalten haben. Sweet ist für ganz viele Menschen eine Art Soundtrack ihres Lebens. Stell dir mal vor, das Re-Release unseres Albums "Strung Up" von 1975 ist gerade wieder in den deutschen Charts.

Rundschau: Ich habe auf Rurer Homepage gelesen, dass Ihr auf der laufenden Tour auch ein Ding namens "Flair Loop" einsetzt, auf dem die Texte zum Mitsingen angezeigt werden. Habt Ihr das auch in Wuppertal dabei?

Scott: Haha, hast du mal aufs Datum geguckt? Das haben wir am 1. April gepostet. Wenn man die Buchstaben bei "Flair Loop" umstellt, kommt "April Fool" heraus. Da sind alle drauf reingefallen.

Rundschau: Umpf, wir auch. Dann eben ohne Untertitel: Welche Songs werdet Ihr in Wuppertal spielen? Bei 46 Jahren Bandgeschichte und 34 Nummer-Eins-Hits ist die Auswahl riesig.

Scott: Wir spielen auf jeden fast zwei Stunden und bringen einen Mix aus 70ern Hits und unterschiedlichen Album-Tracks mit einem Akustik-Set in der Mitte.

Rundschau: Und danach ist endgültig Schluss? Die Tour heißt ja "Finale"…

Scott: Da muss ich was erklären: "Finale" bezieht sich darauf, dass wir keine großen Tourneen wie diese jetzt mehr machen wollen. wenn man vom 1. Mai bis 3. Juni von zu Hause weg ist und dabei 25 Shows spielt, dann bringt dich das um. Mein Körper will das nicht mehr. Aber ausgewählte Auftritte werden wir weiterhin machen.

Rundschau: Apropos zu Hause: Was hört Andy Scott denn privat für Musik?

Scott: Ich höre gar nicht mehr so viel. Der Sound bei mir zu Hause kommt überwiegend aus dem Fernseher und besteht aus den Fangesängen beim Fußball und beim Rugby.

Rundschau: Fußball? Welcher Verein?

Scott: Ich bin natürlich immer noch Anhänger vom FC Wrexham aus meiner walisischen Heimatstadt. Und ansonsten bin ich Fan von Manchester United. Aber nicht so ein neumodischer wegen der großen Erfolge, die die hatten, sondern schon seit 60 Jahren. Damals spielte ManU mit vielen Nationalspielern im FA-Pokal gegen Wrexham und hat 5:0 gewonnen. Das war die Mannschaft, die später mit dem Flugzeug abgestürzt ist. Deshalb habe ich mich dem Club immer verbunden gefühlt.

Rundschau: Nochmal zurück zur Musik. Gibt's da niemanden aus der jungen Garde, den Du gerne hörst?

Scott: Doch, John Mayer finde ich sehr interessant. Aber ich orientiere mich immer wieder eher rückwärts und höre David Gilmoure oder Pete Townsend und die Who. Oder Hendrix, für den ich 1967 als Support gespielt habe. Das war sehr beeindruckend. Neulich hat mir auch jemand DVDs geschickt, auf denen Die Beach-Boys bei Gesangsproben drauf waren. Die Einzelteile haben sie dann später zu komplexen Gesangsstücken zusammengesetzt. Das fand ich faszinierend. Für Sweet war es ja auch typisch, solche hohen Gesangsstimmen mit Rock zu mischen. Dabei denken ja alle in erster Linie an Queen, aber eigentlich haben wir das erfunden.

Rundschau: Beim Thema Gesang müssen wir auch über Ruren Frontmann Brian Connolly reden, der 1979 ausgestiegen ist und 1997 starb. Wie denkst Du heute über ihn?

Scott: Es wird immer erzählt, wir hätten uns gehasst. Aber das ist Bullshit. Ich habe auch nach seinem Ausstieg immer mit ihm geredet. Vor allem drüber, dass die Leute, mit denen er musikalisch weitergemacht hat, und die Promoter ihn und seinen Namen nur ausgenutzt haben. Es gab dann später einen Manager, der ihm wirklich helfen wollte. Über den hatten wir Brian eingeladen, uns auf unserer Tour 1997 als Überraschungsgast zu begleiten und bei den Auftritten in den letzten 20 oder 30 Minuten ein paar Hits zu singen. Das wäre machbar gewesen, obwohl es ihm ja körperlich da schon nicht gut ging. Er hätte das auch gerne gemacht, aber dann ist er im Dezember 1996 sehr krank geworden und im Februar gestorben. Das war sehr schade ...