Wuppertaler Computer-Legende Alfred Thun: „Wo sind die Jahre geblieben?“
Wuppertal · Die Informationstechnologie – kaum eine Branche ist wilder und von schnelleren Umbrüchen geprägt. Ein Familienunternehmen aus Wuppertal hat sie alle überstanden: Computer Thun feiert in diesem Jahr 40-jähriges Jubiläum, ist damit praktisch genauso alt wie die ersten Personal-Computer und heute in zweiter Generation ganz modern aufgestellt.
Alfred Thun zeigt auf die Jubiläums-Urkunde der IHK und fragt sich laut: „Wo sind die Jahre geblieben?“ Wenn er dann die Geschichte des ältesten Computer-Unternehmens im Bergischen Land erzählt, gibt er sich die Antwort im Prinzip selbst ...
„Ich habe von der Zeit der Lochkarten an alles mitgemacht“, blickt der heute 71-Jährige auf seinen beruflichen Start zurück, der ihn zunächst zu Computer-Legende Heinz Nixdorf nach Paderborn führte. „Er ist bis heute ein Vorbild für mich, immer ganz auf dem Boden geblieben. Der hat in seiner Firma sogar die leeren Flaschen eingesammelt.“ 1979 machte er sich selbstständig – als Software- und Hardware-Lieferant und Service-Dienstleister, der unermüdlich bundesweit unterwegs war. Immer mit Kleingeld für die Telefonzelle in der Tasche, weil es keine Handys gab. „Ich wusste genau, wo die nächste ist“, erinnert er sich an die Zeit, als er in ganz Deutschland Programme in Praxen installierte, und erzählt weiter von dem Lungenfacharzt in Bad Reichenhall, der fehlende Teile kurzerhand per Hubschrauber einfliegen ließ, damit Thun sie verbauen konnte.
Ein Erinnerungsstück aus dieser Epoche ist einer der ersten tragbaren Toshiba-Rechner: Das Urviech mit der Typennummer 3200 wiegt knapp neun Kilogramm. Etwas unhandlich, aber Thun macht kein Hehl aus seiner Sympathie für die robuste Technik von gestern: „Da gab es noch Datenträger, die man anfassen konnte.“ Dass EDV-Leiter vor mehr als 20 Jahren aber aus Versicherungsgründen auch schon mal ganze Türme mit Magnetplatten abends mit nach Hause nehmen mussten, gehört auch zur Historie.
Die Welt, in der Daten durchs Internet schwirren, ist dagegen nicht mehr unbedingt seine. Muss auch nicht sein, denn mit seinem Sohn Sven Thun (37) hat inzwischen die nächste Generation im Geschäft das Ruder übernommen. „Ich musste hier ja im Prinzip schon arbeiten, seit ich elf Jahre alt war“, schmunzelt der Junior über seinen Einstieg in die Traditionsfirma, die sich heute als Full-Service-Dienstleister um kleine und mittelständische Firmen kümmert. Die kommen aus allen Branchen, haben zwischen fünf und 1.000 Mitarbeiter und legen vielfach die gesamte IT--Administration in die Hände des Teams aus Wuppertal.
Statt um Lochkarten geht es heute um Server-Virtualisierung, Netzwerk-Architektur und Datenrettung. Aber Herzblut und viel Einsatz sind immer noch dabei. „Zu 70 bis 80 Prozent sind wir jetzt aber im Büro, weil wir uns von hier auf die Kundenserver schalten können. Und man muss damit leben, dass nicht um 17 Uhr Feierabend ist, weil rund um die Uhr Stresssituationen kommen können“, beschreibt Sven Thun den Alltag im Firmensitz am Höfen, den fast jeder Wuppertaler vom Vorbeifahren kennt.
Gleich nebenan spielte Alfred Thun lange für Grün-Weiß Fußball und war auch als Trainer aktiv. Sven Thun galt ebenfalls als großes Talent im WSV-Trikot, wurde aber frühzeitig durch Verletzungen gestoppt. Brieftauben hat der Senior auch noch gezüchtet, Häuser gebaut und ein Privatmuseum mit Oldtimern und vielen persönlichen Erinnerungsstücken aufgebaut. „Ich weiß gar nicht mehr, wie ich das alles geschafft habe“, lacht Alfred Thun.
Aber zumindest dürfte damit endgültig klar sein, wo die Jahre geblieben sind ...