Geschichten, die wir gerne geschrieben hätten (1) Wuppertal ist kein „Mekka der Meckerer“ mehr

Wuppertal · In der Rundschau-Ausgabe vom 28. Dezember haben wir Artikel veröffentlicht, die wir 2024 sehr gerne verfasst hätten, wenn nicht alles ganz anders gekommen wäre. Begeben Sie sich mit uns auf eine Gute-Laune-Reise durch die jüngste Wuppertaler Stadtgeschichte, die so leider gar nicht stattgefunden hat, zum Jahresabschluss aber hoffentlich trotzdem für ein bisschen heitere Silvester-Stimmung sorgt. Und wer weiß: Vielleicht wird die eine oder andere erfundene Story 2025 ja doch noch Wirklichkeit. Hier die erste.

Professor Johann Muthesius vom Pforzheimer „Thinktank Kommunale Kraft“.

Foto: Rundschau/Dall-E

Ein erstaunliches und erfreuliches Ergebnis für Wuppertals äußere und vor allem innere Wirkung: Die Stadt gilt laut einer Studie nicht mehr – wie in den vergangenen Jahrzehnten durchgängig – als „Mekka der Meckerer“.

Das ist die Top-Meldung der 2024er-Veröffentlichung des seit November 1962 in der baden-württembergischen Stadt Pforzheim ansässigen politik- und gesellschaftswissenschaftlichen Institutes „Thinktank Kommunale Kraft“. Hier geht es bereits seit vielen Jahrzehnten um repräsentative und wissenschaftlich fundierte Befragungsuntersuchungen zur Stimmung der Bürgerinnen und Bürger in den deutschen Städten und Kommunen.

Institutsleiter Professor Johann Muthesius zieht im Gespräch mit der Rundschau sein ganz persönliches Fazit der aktuellen bundesweiten Umfrageergebnisse, die jährlich stets kurz vor Weihnachten publiziert werden: „Es ist erstens erstaunlich und zweitens auch ein Stück wegweisend für andere Kommunen, wie die Menschen in Wuppertal aus eigener Kraft aus ihrem tiefen Tal der Schlechtgelauntheit herausgefunden haben.“

Muthesius und sein Team werteten über zwölf Monate hinweg zahlreiche Quellen aus und führten reihenweise Telefon- sowie Straßeninterviews. Der Politikwissenschaftler zur Rundschau: „Es ist klar zu belegen, dass sich in Wuppertal sozusagen ganz unmerklich ein Wandel der inneren Einstellung zur eigenen Stadt vollzogen hat. Sowohl in den klassischen Lokalmedien – beispielsweise im Segment von Leserbriefen – als auch im Sektor der sozialen Medien ist die Menge derer, die ihr kommunales Lebensumfeld schlechtreden und/oder kleinmachen, signifikant gesunken. Und das zieht sch durch alle gesellschaftlichen Gruppen der Stadt. Die Zahl liegt nur noch bei 2,68 Prozent von 100 Befragten. Angesichts des Vorjahreswertes von noch 56 Prozent ist das, wenn Sie mir den Ausdruck erlauben, ein Wahnsinnswert.“

Woran liegt dieser Aufwärtstrend? Muthesius, der den Überblick über Hunderte von Städten und Kommunen in allen 16 Bundesländern hat: „Es sind die Menschen in Wuppertal selbst, die sich geändert haben. Man kann sagen, dass es einer großen Mehrheit offenbar klar geworden ist, dass mit dem, was wir Wissenschaftler ‚Selbstverzwergung’ nennen, nichts Positives erreicht wird. Nur mit offener und mutiger, ja vielleicht sogar wagemutiger Einstellung lässt sich etwas gewinnen. Dass scheinen die Wuppertaler Bürgerinnen und Bürger erkannt zu haben.“

Auf die Rolle der Kommunalpolitik angesprochen, bleibt Professor Muthesius gelassen: „Die Wuppertaler Politik macht vergleichsweise ganz anständige Arbeit. Wuppertal ist eine Stadt mit schwierigen Finanzen und manchen anderen Problemen. Außerdem gibt es keine verlässlichen großen Mehrheiten im Rathaus. Da darf man realistischerweise keine Wunder erwarten.“ Der 62-Jährige weiter: „Anhand unserer Untersuchen lässt sich sagen, dass der Stimmungswandel wenig bis nichts mit der Kommunalpolitik zu tun hat. Es ist eine Sache der Menschen hier, die sich, wenn Sie so wollen, am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben.“

Muthesius schlägt den Bogen der Zustimmung in der Bürgerschaft weit: Ob BUGA oder Pina-Bausch-Zentrum, Zustand der Innenstädte, E-Roller, Fragen der Gewerbeansiedlung und manches andere – die Wuppertalerinnen und Wuppertaler trauten sich und ihrer Stadt neuerdings wirklich etwas zu. Das Fazit des Mannes, der den „Thinktank Kommunale Kraft“ seit 32 Jahren leitet: „Die Leute hier setzen endlich auf sich selbst. Deswegen will ich deutlich sagen: Wuppertal ist den zweifelhaften Titel ‚Mekka der Meckerer‘ definitiv losgeworden. Aus ganz eigener Kraft.“

Erfreut zeigt sich Oberbürgermeister Uwe Schneidewind über das aktuelle Wuppertal-Stimmungsbarometer: „Ich habe es immer für den wahren kommunalen Lackmus-Test gehalten, ob die Menschen die Transformations-Wege in die Zukunft mitgehen.“

Auf dieses Schneidewind-Statement angesprochen, atmet Professor Johann Muthesius tief durch: „Ich sage es mal so: Transformation hin, Transformation her. Wie bereits oben als Untersuchungsergebnis belegt: Politik hat wenig mit all dem zu tun. Wenn die Menschen nicht aus sich heraus ihre Lebenswelt zum Besseren, Mutigeren umgestalten, ändert sich rein gar nichts.“