Eine Hommage von Luzie Niedworok "Wer Wuppertal kennt, der muss es lieben"
Wuppertal · Luzie Niedworok war wegen ihres Studiums drei Jahre lang Wuppertalerin. Dabei ist ihr aufgefallen, dass die Stadt von Außenstehenden oft sehr unterschätzt wird — zu Unrecht, wie sie findet.
Jetzt — wieder zu Hause in Velbert — möchte sie Wuppertal und seinen Einwohnern danken. Luzie Niedworok hat der Rundschau deshalb eine "Hommage an Wuppertal" geschickt. Lesen Sie selbst ...
Menschen, die in Wuppertal leben, lieben Wuppertal. Das ist so.
Das ist so, weil dies die Menschen sind, die Wuppertal kennen und wer Wuppertal kennt, der muss es lieben. Menschen von außerhalb verstehen das häufig nicht.
Als ich 2013 die Zusage für einen Studienplatz an der Bergischen Universität Wuppertal erhalten habe, war die Stadt Wuppertal für mich noch genau das, was ihr Name erahnen lies. Ein Tal, durch welches die Wupper fließt. In den drei Jahren, die ich in dieser Stadt gelebt habe, habe ich gelernt diese Stadt mit anderen Augen zu sehen.
Ich habe viele Kommilitonen kennen gelernt, die während des gesamten Studiums an der Meinung festgehalten haben, Wuppertal sei eine hässliche Stadt, eine Stadt, die nichts zu bieten habe. Wie sich herausstellte, haben die meisten dieser Menschen nie die Stadt betreten. Wuppertal war für Sie nur Bahnhof, Bus, Universität.
Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle ein Plädoyer für Wuppertal abgeben, eine kurze, herzliche Aufforderung, die Augen zu öffnen und die Stadt aus einer neuen Perspektive zu sehen. Egal, ob Sie neu hinzuziehen oder vielleicht schon viel zu lange nicht mehr bemerkt haben, wie schön diese Stadt ist, in welcher Sie leben.
Wuppertal mag auf den ersten Blick keine spektakuläre Schönheit sein. Doch nimmt man sich die Zeit, ihre unverwechselbaren Ecken zu erkunden, erkennt man, was diese Stadt ausmacht. Sind Sie schon mal in der Oper geschwommen oder in einer Bahn geschwebt? Haben Sie schon einmal ein Bier, welches in einem (ehemaligen) Schwimmbad gebraut wurde getrunken? Einen Tiger von oben beobachtet oder sind das Tippen- Tappen- Tönchen herunter gelaufen? Wenn Sie auf eine dieser Fragen mit "Nein" antworten, sollten Sie sich Wuppertal schleunigst etwas genauer ansehen!
Ja, WupperTAL besteht für einen Fußgänger fast nur aus BERG. Das hat allerdings zur Folge, dass man fast durchgehend einen spektakulären Ausblick über das Tal und den Fluss hat (und ein kostenloses Training für die Waden).
Auf einer Talseite befindet sich der Ölberg. Dieses Viertel quillt über vor unterschiedlichen Kulturen. Gründerzeithäuser drängen sich an mittelalterliche Fachwerkhäuser und es gibt keinen Abend, an welchem nicht aus irgendeiner Wohnung Musik dringt. Ich habe bisher keinen Ort auf der Welt kennen gelernt, an welchem sich so viele unterschiedliche Menschen zu einer so lebensfrohen Nachbarschaft zusammengefunden haben. Ebenso habe ich auch noch keine gefunden, an welchem keine einzige Straße flach ist. Ich glaube, als Busfahrer braucht man Nerven aus Stahl, um in dieser Stadt zu überleben.
An langen Sommerabenden bevölkern Kinder die Straßen, alte Männer sitzen an den Ecken, rauchen und philosophieren, Pärchen schlendern über den Gehsteig auf dem Weg zu einem Lokal. Türkisch, Deutsch, Polnisch und unzählige andere Sprachen mischen sich. "Integration" ist hier keine Floskel. Jeder, der das jährlich stattfindende Ölbergfest einmal miterlebt, kann neben kulinarischen und musikalischen Köstlichkeiten aus aller Welt auch diesen unverwechselbaren Typen Mensch treffen, der Wuppertal ausmacht.
Wuppertaler sind nicht die Sorte von Mensch, die einem direkt um den Hals fällt. Aber sie sind ehrlich, sie sind tolerant und sie sind stolz auf ihre Stadt, immer mit einem Funken Selbstironie. Man feiert sich und seine Stadt auf dem Luisenfest oder dem "Langen Tisch", der die gesamte Stadt mit einem einzigen Tisch verbindet, an dem alle speisen, lachen, erzählen können..
Das gastronomische Angebot ist ein weiterer Punkt, der Wuppertal zu etwas ganz Besonderem macht. Nirgendwo findet man so außergewöhnliche Cafés mit hausgemachten Kuchen oder Restaurants, die einen mit unbekannten Düften aus allen erdenklichen Ecken der Welt verführen. Man kann mitten im Trubel auf der Straße sitzen und türkischen Mokka trinken oder im rosenumrankten Hinterhof eines Fachwerkhauses in der Luisenstraße Pizza essen. In einer Wuppertaler Bar findet man nie nur ein bestimmtes Publikum. Hier sitzen alle zusammen, alt, jung, Student, Wuppertaler oder Fremder, niemand wird ausgeschlossen, alle feiern zusammen.
Das Ausmaß dieser Stadt die sich immer am Fluss entlang über viele Kilometer erstreckt, kann man nachts in einem beeindruckenden Ausblick vom Elisenturm im Botanischen Garten erfassen.
Ihr Bild ist nicht von schicken Straßen oder glänzenden Fassaden geprägt, sondern von Abwechslung. Man versteht es, aus dem Makel etwas Schönes zu schaffen. Wer hier sucht, findet versteckte Hinterhöfe, alte Fabriken, malerische Friedhöfe, steile Straßenzüge, den Märchenbrunnen und wahnsinnige Ausblicke. Plötzlich steht man mitten in einer der engen Straßen vor einer Verkehrsinsel auf welcher jemand Mohn, Kornblumen und sogar Lilien gepflanzt hat. Vor Weihnachten leuchten die Stationen der Schwebebahn im Licht von eigenem Weihnachtsschmuck und wenn man Glück hat, erhascht man einen Blick auf den Kaiserwagen.
Ihre Atmosphäre macht die Stadt zu dem, was sie ist und diese mit Worten zu beschreiben ist kaum möglich. Wuppertal ist eine besondere Stadt, und wer dies einmal erkannt hat, fängt an zu verstehen, warum Wuppertaler ihre Stadt lieben. Also, Erstsemester, Pendler, Menschen, die Wuppertal schon lange abgeschrieben haben, ich bitte Sie, geben Sie dieser faszinierenden Stadt eine Chance. Es lohnt sich, versprochen!"