Immobilienzwangsversteigerung Wenn die Zwangsvollstreckung der Immobilie droht: Diese Rechte bleiben dem Schuldner
Mit über 3.300 führt Nordrhein-Westfalen die Statistik der Immobilienzwangsversteigerungen in Deutschland im ersten Halbjahr 2022 mit großem Abstand vor Bayern und Niedersachsen an. Im Durchschnitt sind es 100.000 Immobilien, die jährlich unter den berühmten Hammer kommen. Die Gründe für die Zwangsversteigerung einer Immobilie sind vielfältig, meist kann der Hauseigentümer die Raten für das Haus nicht mehr bezahlen. Hilflos ausgeliefert ist er der Situation aber nicht. Denn neben den zahlreichen Pflichten hat der Schuldner auch immer noch Rechte.
Von Anfang an fachlichen Rat suchen
Die Zwangsversteigerung einer Immobilie ist eine komplexe Angelegenheit, bei der man von Anfang an einen Fachmann zur Rate ziehen sollte. Das kann auch ein erfahrener Immobilienmakler sein. Er ist zwar nicht zu einer Rechtsberatung berechtigt, kann aber zum Beispiel den tatsächlichen Wert der Immobilie ermitteln. Bei einer Zwangsversteigerung legt das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert der Immobilie und ein Mindestgebot fest. Beim Verkehrswert handelt es sich um den Durchschnittspreis, der mit der Immobilie im freien Verkauf erzielt werden kann. Das Mindestgebot liegt in der Regel bei der Hälfte des Verkehrswertes. Wird dieses Mindestgebot im ersten Versteigerungstermin nicht erreicht, wird ein zweiter Termin angesetzt, bei dem dann keine Wertgrenzen mehr gelten. Das Risiko, die Immobilie unter Wert verkaufen zu müssen, kann durch den vorherigen Verkauf der Immobilie noch abgewendet werden. Das ist nicht nur im Interesse des Schuldners, sondern in den meisten Fällen auch des Gläubigers.
Gut vorbereitet ins Gespräch
Eine Zwangsversteigerung kommt nicht aus heiterem Himmel. Bis der Gläubiger, in der Mehrzahl der Fälle ist das eine Bank, beim zuständigen Amtsgericht den Antrag auf eine Vollstreckungsversteigerung stellt, ist der Schuldner in der Regel mit mindestens drei Raten im Rückstand. Soweit sollte es der Schuldner erst gar nicht kommen lassen, sondern sich bei drohenden Zahlungsschwierigkeiten frühzeitig mit dem Gläubiger in Verbindung setzen. Tatsächlich hat der Schuldner ein Recht darauf, die Immobilie selbst zu veräußern, bevor die Bank die Zwangsversteigerung beantragt. Damit muss sich der Gläubiger aber einverstanden erklären. Das wird er bestimmt tun, wenn die Zwangsversteigerung nicht den gesamten geschuldeten Betrag verspricht. Sinnvoll ist es deshalb, beim Gespräch mit der Bank ein Wertgutachten und ein fertiges Verkaufsexposé vorzulegen. Selbstverständlich hat der Schuldner das Recht, auch noch während des laufenden Zwangsvollstreckungsverfahrens eine Einigung mit dem oder den Gläubigern zu suchen.
Das Verfahren hinauszögern
Neben der Möglichkeit, sich mit dem Gläubiger zu einigen und den Verkauf der Immobilie selbst in die Hand zu nehmen, kann der Schuldner auch alternative Finanzierungsangebote suchen. Um sich die nötige Zeit zu verschaffen, kann er diverse Widerspruchsrechte nutzen. Prinzipiell kann gegen jeden Vollstreckungsbescheid innerhalb einer Frist von zwei Wochen beim zuständigen Gericht Widerspruch eingelegt werden. Das wird die Zwangsvollstreckung an sich nicht aufheben, kann sie aber hinauszögern und dem Schuldner damit Gelegenheit geben, eine Lösung für die finanziellen Probleme zu finden oder sich mit dem Gläubiger zu einigen. Einen Aufschub des Verfahrens um höchstens sechs Monate sieht zum Beispiel § 30a des Zwangsvollstreckungsgesetzes (ZVG) vor. Demnach kann der Schuldner einen Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragen, wenn die berechtigte Aussicht besteht, dass die Versteigerung vermieden werden kann. Denn auch für die Finanzierung einer Immobilie gibt es mehr als nur eine Option.