Pfarrerin Isabell Berner-Paul Valentinstag: Die Liebe feiern
Wuppertal · In der Bibel geht es viel um Liebe, aber wenig um die Verliebten, die ihre Liebe am Valentinstag (14. Februar) feiern. Pfarrerin Isabell Berner-Paul hat auch sie im Blick.
Unter der Treppe der Sophienkirche in Elberfeld steht der Kirchturm aus Pappe, der das Dach des Sophiemobils schmückt. Das vom Seniorenkreis gebastelte Herz, das den Bus vor zwei Jahren dekorierte, liegt im Büro von Pfarrerin Isabell Berner-Paul. Es hat etwas Staub angesetzt, aber wegschmeißen möchte sie es nicht.
Vor zwei Jahren hat die Theologin den Valentinstag mitten in der Corona-Zeit genutzt, um mit dem Sophiemobil aus der Stadtmitte rauszufahren und einen Herzens-Gottesdienst im Freien zu feiern. „Da fielen Valentinstag und Karneval zusammen, so dass einige, die mit uns gefeiert haben, auch kostümiert kamen“, erzählt die Pfarrerin. Die Liebe feiern – das ist ihr wichtig, auch wenn sie in diesem Jahr auf einen solchen Gottesdienst verzichtet.
„Über Beziehungen zu reden und sie zu pflegen, hat einen größeren Stellenwert bekommen“, beobachtet sie, „besonders nach der Coronazeit mit ihren Kontaktverboten und Abstandsregeln.“ Überhaupt sei die Sehnsucht nach Zweisamkeit, Geborgenheit und Liebe in einer Welt, in der es gerade so viele Umbrüche und Unsicherheiten gebe, größer geworden.
„Gleichzeitig gibt es einen höheren Anspruch an Beziehungen“, meint Isabell Berner-Paul. „Sie sollen uns guttun, stärken, Freiraum zur persönlichen Entfaltung geben, aber eben auch Geborgenheit.“ Sei dies nicht oder nicht mehr der Fall, trennten sich Paare heute leichter und schneller als früher. „Liebe und Schmerz liegen eng nebeneinander. Trennungen und Fragen der sexuellen Identität und Orientierung spielen in der Seelsorge eine größere Rolle.“
Herz und Schmerz gehören zusammen
Die Pfarrerin ist selbst geschieden und hat vor ein paar Jahren noch einmal geheiratet. In der Gemeinde gibt es homosexuelle Mitglieder, ein Vikar war transsexuell und nahm während seiner Zeit in der Gemeinde eine Geschlechtsumwandlung vor. „Wir sind eine bunte und tolerante Gemeinde, in der viele Formen und Facetten der Liebe ihren Platz haben“, sagt Isabell Berner-Paul.
Die in der Bibel geschilderte Freundschaft zwischen David und Jonathan ist für sie eine homosexuelle Beziehung, die sie in Konfirmandengruppen gerne als „Freundschaft plus“ bezeichnet. Unter den Jugendlichen erlebt sie eine große Offenheit gegenüber verschiedenen sexuellen Orientierungen. Vor allem Mädchen versteckten ihre „Freundschaft plus“ heute nicht mehr.
Partnersuche über Datingportale
Auch mit der Partnersuche werde viel offener umgegangen als zu der Zeit, in der sie groß geworden sei, beobachtet die 58-jährige Pfarrerin. „Selbst junge Leute sind in Datingportalen unterwegs. Und von Paaren, die ich traue, höre ich auch oft, dass sie darüber ihren Partner gefunden haben.“ Auch Seniorinnen und Senioren, die sich im Alter noch einmal verlieben, schämten sich selten dafür, dass sie im Internet fündig geworden sind.
„Ich erinnere mich noch an meine Tante, die damals über eine Zeitungsannonce ihren zweiten Mann kennengelernt hat“, erzählt die Pfarrerin und lacht. „Darüber mussten wir in der Familie absolutes Stillschweigen bewahren, weil sie sich so dafür schämte.“
Die Bibel und die Liebe
Noch heute werde Kirche oft mit einer strengen Moral verknüpft, die mit der Vielfalt an Beziehungen in den Gemeinden wenig zu tun habe, bedauert Isabell Berner-Paul. In der Bibel spielten Verliebtsein, Liebe und Sex eine untergeordnete Rolle. Aber prüde sei sie nicht.
„Das Hohelied der Liebe enthält einen wahren Schatz an wunderbar poetischen Worten für Liebende und Verliebte“, meint Isabell Berner-Paul. Darin liest sie immer wieder gerne, nicht nur am Valentinstag. „Natürlich ist es vor allem ein Tag für die Geschäftsleute“, räumt sie ein. „Aber er erinnert uns daran, dass wir unsere Liebe nicht für selbstverständlich halten, sondern sie feiern sollten.“ Mit Blumen, Süßigkeiten, kleinen Geschenken und schönen Worten, die eben auch in der Bibel zu finden sind.