Rundschau-Chronik 2015 U wie Utopie
Vielleicht wird 2015 ja als das Jahr der Weichenstellung in die Geschichte der Wuppertaler Seilbahn eingehen. Doch ob das Projekt je verwirklicht wird, bleibt offen: Viele Anlieger wehren sich schon jetzt vehement gegen einen "Überflug".
Anfang des Jahres priesen der damalige Oberbürgermeister Peter Jung und der Oberbürgermeister in spe, Andreas Mucke, die Seilbahnpläne der Wuppertaler Stadtwerke unisono als große Chance für Wuppertal. "Das kann ein wichtiges Leuchtturmprojekt werden, die Schwebebahn 2.0", verkündete Mucke beim SPD-Ortvereinstreffen in der Elberfelder Südstadt. Jung blies ins selbe Horn — auf jeder Veranstaltung. Sicher, beide aber auch immer irgendwie mit dem Zusatz: "Wir müssen alle Wuppertaler ins Boot holen."
Die Aufbruch-, ach was, Goldgräberstimmung war den Politikern förmlich anzusehen — der erste Gegenwind allerdings auch. Denn als sich die ersten Seilbahnkritiker zu einer ernst zu nehmenden Bürgerinitiative formierten, hieß es, dass "eine ergebnisoffene Diskussion geführt werden soll." Doch in dieser Diskussion wollten die Kritiker, bitteschön, mit ihren Argumenten auch ernst genommen werden. Und machten sich sofort über die von den WSW vorgelegte "Machbarkeitsstudie" her. Sie sei bestenfalls eine Vor-Studie zur technischen Machbarkeit, die mehr Fragen aufwerfe, als sie beantworte. So werde der Schutz der Privatsphäre der Südstadt-Bewohner, der beständige Lärm sowie Schattenwurf bei täglich 19 Stunden Betriebsdauer nicht ausreichend behandelt, kritisieren die Seilbahngegner. Welche Auswirkungen eine Seilbahn auf den bestehenden Busverkehr haben könnte, das haben die Planer der Stadtwerke bereits angedeutet: Der Uni-Transfer fällt weg und andere Linien auf dieser Strecke werden ausgedünnt.
Erste "Opfer" hat das Seilbahnprojekt schon jetzt zu beklagen. Die Lebenshilfe Cronenberg hatte auf einer Gewerbebrache in Sichtweite der Feuerwache Süd den Bau einer integrativen Kfz-Werkstatt geplant. Kurz vor Abschluss eines Kaufvertrags gondelte die Stadt aber zurück. Denn an dieser Stelle soll, wenn das Seilbahnprojekt umgesetzt würde, die Bergstation Küllenhahn entstehen.
Während im politischen Raum die Seilbahnidee nach wie vor wohlwollend betrachtet wird, könnte sie für Oberbürgermeister Andreas Mucke zur ersten Hürde seiner noch jungen Amtszeit werden. Denn schon bald wird sich zeigen, ob er wirklich alle Wuppertaler in die Gondel holen kann: Anfang 2016 muss der Rat beschließen, ob die Seilbahn in die nächste Projektphase und somit in das Planfeststellungsverfahren einsteigen darf. Oder ob sie eine Utopie bleiben wird.