Oberförster Albert Vosteen geht in Ruhestand Einsatz für die grünste Stadt Deutschlands
Wuppertal · Für Albert Vosteen sind Wuppertals Wälder nicht grün, sondern bunt. Zumindest wenn er an seinen Karten über die Flurgrundstücke der Stadt und die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse brütet. Denn auch wenn er ein Oberförster vom alten Schlage ist, die meiste Zeit verbringt der Leiter der Abteilung Forsten in seinem Büro im Rathaus.
"Ich bin ein Verwaltungsbeamter mit forstlichen Kenntnissen", sagt Vosteen. Doch am 29. Februar 2016 ist definitiv Schluss.
Dann räumt der 61-Jährige seinen Schreibtisch und zieht sich ins Privatleben zurück. "Vielleicht noch nicht so ganz", schmunzelt Vosteen. Eventuell gibt es bei der Forstbetriebsgemeinschaft, die die Privatwälder verwaltet, noch ein Betätigungsfeld für ihn ...
Seit 1990 betreut Albert Vosteen die Wuppertaler Stadtwälder und ist im Bergischen so richtig heimisch geworden. Das ist nicht selbstverständlich, denn zuvor ist er beruflich viel herumgekommen: "14 Wohnsitze waren es insgesamt", hat er mal nachgerechnet. Eigentlich stammt er aus Norddeutschland, wurde in Delmenhorst geboren und ist im Kreis Oldenburg aufgewachsen. In Freiburg und Wien studierte er Forstwirtschaftswissenschaften. Bevor er nach Wuppertal kam, arbeitete er beim Landesforstamt in Berlin.
Die Herausforderung sei in Wuppertal weitaus größer als in Berlin sagt der oberste Waldhüter. Warum? "In Berlin gibt es große zusammenhängende städtische Waldflächen. Wuppertals Waldflächen sind ein Mosaik mit 20.000 Nachbarn. Die Hälfte der Wälder ist in Privatbesitz."
Das macht ein Blick auf die Flur-Grundstückskarte deutlich. Vosteen: "Das kleinste städtische Waldgrundstück war 0,49 qm groß, das kleinste private war 0,05 qm." Eine seiner Hauptaufgaben war es daher, gemeinsam mit der Grundstückswirtschaft und dem Vermessungs- und Katasteramt Flurstücke zusammenzuführen. Digitale Unterstützung durch Fachanwendungen wie WUNDA sind eine enorme Hilfe für ihn. Mit der Flurbereinigung wird sich auch sein Nachfolger Sebastian Rabe, der am 1. April sein Amt antritt, weiterbeschäftigen.
Welchen Deal er gern gemacht hätte? Den Scharpenacken hätte Vosteen gern für die Stadt erworben: "Aber da war das Land schneller." Zu seiner größten Errungenschaft zählt der Erwerb der Sambatrasse von der Bahn Ende 2014: "Bei der Regionale 2006 konnte wir das noch nicht umsetzen. Dann wollte die Bahn das Grundstück loswerden und da haben wir zugeschlagen." Damit konnte der Pachtvertrag abgelöst werden.
Sein größtes Ärgernis sind immer wieder illegale Müllkippen und Bauschuttabladungen. Bei diesen Müllsündern kennt er keine Gnade und findet mündlich wie schriftlich deutliche Worte an die Umweltsünder. "Mit Erfolg", wie er sagt.
Über Auszeichnungen wie "Wuppertal ist die grünste Stadt Deutschlands", wie die Zeitschrift "Hörzu" im September 2013 titelte, freuen er und sein Team sich natürlich. Denn seine Truppe hat sich seit seinem Amtsantritt halbiert, die Finanzmittel sind um 80 Prozent gekürzt worden, aber die Anforderungen sind gestiegen. Drei Förster, 18 Forstwirte und vier Auszubildende (ab Sommer sechs) kümmern sich um 29 Millionen Quadratmeter Waldfläche (rund ein Fünftel des Stadtgebiets) mit Teichen, Bächen und Wegen, betreuen die Forstbetriebsgemeinschaft (Privatwald), unterstützen die Ersatz- und Ausgleichsflächen (die sogenannten Kompensationsflächen) bei Baumaßnahmen, helfen bei Baumsanierungen und Fällungen. Auch die Greifvogelstation im Gelpetal wird von der Stadt betreut. Bei den Parks und Grünanlagen sind sie zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von der Abteilung Grünflächen tätig.
Vosteen sagt: "Die städtischen Wälder sind artenreich, stabil und ökologisch wertvoll." Und dass das stimmt, kann er mit Statistiken belegen: Seit 1990 betrug die Waldflächenzunahme 6,45 Mio. Quadratmeter. Mit der "Kahlschlagwirtschaft" seiner Vorgänger hat Vosteen Schluss gemacht und durch eine naturgemäße Waldwirtschaft für eine durchmischte Altersstruktur gesorgt. Inzwischen hat die Waldfläche der über 160-jährigen Baumriesen von 5 auf 180 Hektar zugenommen. Außerdem gibt es eine größere, vor allem klimastabile, Artenvielfalt, die den ehemals vorherrschenden Fichtenbestand ablöst: Die Baumartenpalette der Wuppertaler Stadtwälder ist mit 46 Arten sehr reichhaltig. Fast alle einheimischen Baum- und Straucharten kommen vor.
Auch wenn er die meiste Arbeitszeit am Schreibtisch sitzt, ist Albert Vosteen am Wochenende - und demnächst vielleicht noch öfter - in Wuppertals Wäldern unterwegs. Ob er einen Lieblingsplatz hat? "Oh, es gibt viele Naturschätze abseits der Wege. Aber die verrate ich nicht", lacht er.