Nächster Kurs im Januar Ehrenamtliche Ausbildung in der Telefonseelsorge

Wuppertal · Rund um die Uhr für alle da sein, die Sorgen und Nöte haben: Das will gelernt sein. Wie die Wuppertaler Telefonseelsorge Ehrenamtliche auf ihren Einsatz vorbereitet, erklärt Leiterin Jula Heckel-Korsten.

Jula Heckel-Korsten leitet die Telefonseelsorge.

Foto: Sabine Damaschke

Wieso braucht es eine Ausbildung, um ehrenamtlich in der Telefonseelsorge mitzuarbeiten?

Heckel-Korsten: „Die Telefonseelsorge gehört zu den qualifizierten Ehrenämtern, die wir in der Kirche haben. Unser Anspruch ist es, anonym, vertraulich und kompetent für alle Menschen da zu sein, die sich mit ihren Sorgen und Nöten an uns wenden. Emotionales Zuhören ist wichtig, um am Telefon zu erfassen, was die Menschen bewegt und dann darauf einzugehen.

Unsere Seelsorge ist keine Beratung. Es geht nicht darum, gute Tipps zu geben oder den Anrufer:innen zu erklären, was sie tun könnten, um ihre Probleme zu lösen. Diesen Druck erleben sie schon häufig genug in ihrem sozialen Umfeld. Zuhören, ernst nehmen, trösten und ermutigen, ohne zu drängen und zu raten – das ist eine ungewohnte Art der Kommunikation, vor allem am Telefon. Und die braucht Schulung und Übung.“

Was lernen Ehrenamtliche in der Ausbildung?

Heckel-Korsten: „Die kostenfreie Ausbildung umfasst 120 Stunden und dauert fast ein Jahr. Sie wird überwiegend von den beiden großen Kirchen aus Kirchensteuermitteln finanziert. Wir beginnen im Januar mit einem neuen Kurs, für den wir uns 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wünschen. Jeden Mittwoch von 18 bis 21 Uhr wird geschult. Hinzu kommen vier Wochenendseminare.

Die Zentrale der Telefonseelsorge.

Foto: Sabine Damaschke

Die Ausbildung, die ich mit einem Co-Trainer anbiete, basiert auf den bundesweiten Telefonseelsorgestandards und beinhaltet drei Teile: Selbsterfahrung, Gesprächsführung und viele praktische Übungen anhand von Rollenspielen mit unserer Callcenter-Übungsanlage. Auch Hospitationen in der Telefonseelsorge gehören dazu.“

Was ist für angehende Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger die größte Herausforderung?

Heckel-Korsten: „Das Ehrenamt umfasst einen Einsatz von 15 Stunden im Monat. Dazu gehört ein Nachtdienst. Die ganze Nacht wach zu bleiben und dann alleine in der Dienststelle zu sein, ist für viele Ehrenamtliche erstmal eine Überwindung. Es gibt aber auch Mitarbeitende, die gerade die Nachtdienste schätzen, weil sie die Gespräche dann mit mehr Ruhe führen können.

Eine große Herausforderung für alle sind Anrufe, in denen Menschen Suizidgedanken äußern oder sogar einen Suizid ankündigen. Das passiert immerhin in etwa zwölf Prozent der rund 12.000 Gespräche, die wir jährlich führen. Daher üben wir solche Situation bereits intensiv in der Ausbildung – und sie sind auch immer wieder Thema in den regelmäßigen Supervisionen, die ich anbiete.“

Warum lohnt es sich, ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge mitzumachen?

Heckel-Korsten: „Es ist sinnvoll verbrachte Zeit, sich in andere Menschen einzufühlen, über ihre Lebensthemen zu reden, nachzudenken und auch zu erleben, dass Gespräche eine heilsame, manchmal sogar lebensrettende Wirkung haben. Viele Ehrenamtliche sagen mir auch, dass sie viel über Kommunikation für ihren beruflichen und privaten Alltag gelernt haben, sensibler reagieren und besser Konflikte lösen können.

Und sie bekommen eine neue Perspektive auf Glaube und Kirche. Wir betonen immer, dass wir in der Telefonseelsorge zu dritt im Gespräch sind, denn Gottes Geist ist dabei. Ehrenamtliche erfahren in den Gesprächen, dass der Glaube eine heilsame Kraft entfalten kann, weil er Menschen entlastet. Wir sind nicht ganz auf uns allein gestellt und haben alles in der Hand. Nicht zuletzt empfinden es Ehrenamtliche als sehr bereichernd, dass sie keine Einzelkämpfer sind, sondern in einem engagierten Team arbeiten.“

Welche Eigenschaften sollten Interessierte mitbringen?

Heckel-Korsten: „Wer Interesse an anderen Menschen und Freude am Kontakt mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten hat, der ist bei der Telefonseelsorge richtig. Man sollte intensive Gefühle aushalten können und bereit sein, sich selbst zu hinterfragen. Auch ein angemessenes Selbstbewusstsein gehört zu diesem Ehrenamt. Es ist wichtig, sich abgrenzen zu können, wenn Anruferinnen und Anrufer ausfallend und ärgerlich oder anzüglich sind. Die Mehrzahl der Menschen ist aber freundlich und dankbar.“