Nach OB-Stichwahl Die Lokalpolitik-Karten werden neu gemischt

Wuppertal · Ein neuer Oberbürgermeister mit großen Ambitionen und ein Stadtrat, der so komplex zusammengesetzt ist wie selten zuvor. Die Wuppertaler Lokalpolitik wird spannend ...

Groß war der Jubel im schwarz-grünen Schneidewind-Lager, als sich die Stichwahl zu Gunsten des Herausforderers drehte.

Foto: Max Höllwarth

Es war fast so, als hätten sie den Stichwahl-Ausgang schon vorher geahnt: Während Amtsinhaber Andreas Mucke in den SPD-Fraktionsräumen im Rathaus auf Tauchstation ging, begrüßte der spätere Sieger Uwe Schneidewind die grün-schwarze Gästeschar im hippen Elberfelder Palazio am Eingang höchstpersönlich und bestens gelaunt. Die Stimmung stieg noch weiter, als er die 52 Prozent knackte und sein Sieg klar war. „Ein Herrenausstatter hat mir mal gesagt, ich wäre die perfekte Größe 52. Aber vielleicht knacken wir ja auch noch die 53“, schmunzelte er ins Mikrofon. Am Ende waren es 53,5 Prozent der Stimmen, die ihn ab 1. November ins Amt heben.

Der Stadtrat, dem er dann vorsitzt, wird zwar mit 80 statt 66 Abgeordneten viel größer und bunter als bisher, bietet aber keine klaren Mehrheitsverhältnisse. Nur das einstige rot-schwarze Kernbündnis würde als Duo Beschlüsse durchsetzen können. Ein Comeback scheint aber ausgeschlossen, zumal die Akteure, die über mögliche Zusammenarbeiten verhandeln werden, überwiegend vertraute  Gesichter sind. Die SPD - mit 23 Stadtverordneten stärkste Kraft im Rat - beeilte sich, ihr Urgestein Klaus Jürgen Reese erneut zum Fraktionsvorsitzenden zu wählen. Bei der FDP bleibt Alexander Schmidt Fraktionsvorsitzender, die Grünen haben mit Paul Yves Ramette und Yazgülü Zeybek zwar eine neue Doppelspitze, aber mit Bürgermeister Marc Schulz einen der Architekten des Schwarz-Grünen Kernbündnisses weiter in ihren Reihen.

Beim Bündnispartner CDU ging es indes einmal mehr hoch her: Die zweitstärkste Fraktion im Rat wird  jetzt von Ludger Kineke und Caroline Lünenschloss als gleichberechtigte Vorsitzende geführt.

In der vergangenen Ratsperiode hatte Kineke 2019 gemeinsam mit Hans-Jörg Herhausen als Doppelspitze den Fraktionsvorsitz übernommen, nachdem Michael Müller wegen der Zerwürfnisse auf dem CDU-Parteitag von diesem Amt zurückgetreten war. Jetzt ist das Duo gesprengt: Kineke gewann die Abstimmung um die Führung der 20-köpfigen neuen Fraktion gegen Herhause nach Auskunft von Geschäftsführer Patric Mertins mit 12:8 Stimmen. Der Unterlegene hatte im Team mit Barbara Becker agieren wollen, die sich daraufhin nicht mehr zur Wahl stellte. Zur zweiten Vorsitzenden wurde stattdessen Caroline Lünenschloss gewählt, die jetzt gleichberechtigt mit Kineke an der Spitze stehen soll.

Bemerkenswert: Als Vorsitzende der Jungen Union gehörte Lünenschloss zu den treibenden Kräften, als es vor einem Jahr darum ging, die zunächst ablehnende Haltung der CDU zur OB-Kandidatur Uwe Schneidewinds zu drehen. Außerdem hatte sie im November 2019 mit dem Rücktritt als stellvertretende Parteivorsitzende Front gegen die Querelen in der Führung der  Christdemokraten gemacht.

Für das Amt eines der Bürgermeister, die den Oberbürgermeister ehrenamtlich vertreten, nominierte die Fraktion den ehemaligen Landtagsabgeordneten Rainer Spiecker. Um den Posten hatte sich auch der kommissarische Parteichef Rolf Köster beworben. Das könnte für weiteren Zündstoff bei den Christdemokraten sorgen.

Noch gar nichts gehört hat man unterdessen von der AfD, die als Fraktion mit fünf Abgeordneten neu in den Rat einzieht.