Prozess um Nachhilfeschulen Angeklagter gesteht Betrug am Jobcenter

Wuppertal · In einem Prozess um massiven Betrug in Nachhilfeschulen hat der 24 Jahre alte Angeklagte gestanden. Der Mann aus der Elberfelder Südstadt bestätigte Dienstag (2. Januar 2017) vor dem Landgericht: Er habe über drei Jahre als Betreiber regelmäßig Unterricht mit dem Jobcenter abgerechnet, den die Schüler nicht erhalten hatten.

Das Wuppertaler Landgericht.

Foto: Asio otus / Wikipedia

"Am Anfang ging es ums Geld. Aber dann war mir wichtig, dass ich was aufbauen konnte", erläuterte der frühere Hauptschüler ohne Schulabschluss. Der Angeklagte benannte den Richtern weitere Männer als Komplizen. Darüber hinaus verwies er auf andere Anbieter, die mutmaßlich nach ähnlichen Methoden arbeiten.

Im Prozess des 24-Jährigen beziffert die Staatsanwaltschaft den Schaden mit mindestens 153.000 Euro. 118 Fälle sollen nachweisbar sein. Die immer gleiche Methode: Schüler beantragen beim Jobcenter Nachhilfe, wenn sie als Berechtigte Hartz IV beziehen. Das Geld geht direkt an die Schule. Ursprünglich bestehende Kontrollen habe das Jobcenter 2014 reduziert: Zunächst hätten die Eltern unterschreiben müssen, dass ihr Kind in den Stunden war. Später sei das weggefallen.

Dem Geständnis zufolge hatte der 24-Jährige ursprünglich vor, tatsächlich Unterricht zu vermitteln. Er habe aber die Kontrolle verloren: "Ich habe die Stunden der Lehrer nachgehalten, weil ich die bezahlen musste. An die Schüler habe ich nicht gedacht." Spätestens 2014 sei ihm klar gewesen, dass er zu viel kassierte. Er habe dennoch weiter gemacht - und sich in Notizen für ein Vertriebssystem verstrickt.

Laut Idee des 24-Jährigen sollten die Schüler jeweils Geld für die Anmeldung bekommen und über "Kunden werben Kunden" mehr Interessenten bringen. Schon das war womöglich illegal. Das zusätzliche Problem: "Es gab Konkurrenz, die auf den Markt drängte. Am Anfang habe ich 30 oder 50 Euro für einen Vertrag bezahlt. Am Schluss waren es 300."

Mit seinem ausführlichen Geständnis versucht der Angeklagte, eine möglichst kurze Gefängnisstrafe zu erreichen. Fahnder hatten ihn im März festgenommen, seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Die Polizei ermittelt weiter gegen eine Vielzahl von Beschuldigten. Im Saal verfolgt mit Angehörigen und Freunden die Frau des 24-Jährigen die Verhandlung. Sie erwartet in wenigen Wochen sein Kind.