Corona-Vergleich zwischen Hongkong und Wuppertal Einen Lockdown gab es nie
Betr.: Corona-Vergleich zwischen Hongkong und Wuppertal
Guten Tag Herr Trapp,
ich bin eifriger Rundschauleser und habe gerade Ihren Kommentar „Infektions-Debakel mit Ansagen“ vom 20. März 2021 gelesen.
Davon inspiriert möchte ich mal einfach meinen Frust loswerden: Ich lebe in Hongkong und kann so gut die unterschiedlichen Strategien zur Bekämpfung der Pandemie vergleichen. Es ist schon unglaublich, dass eine 7,5-Millionen-Stadt, in der alle auf engstem Raum leben, weniger Infektionsfälle (11.410) und Tote (203) als Wuppertal aufweist. Der nie erwähnte Inzidenzwert liegt bei 1, das Gesundheitsamt wertet die zurzeit etwa zehn täglichen Neuinfektionen als sehr ernst.
Dass Masken schützen, hat auch der Westen letztendlich zugeben müssen. Die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen und Schließungen (Kinos, Bars, Fitness-Studios, Kulturstätten) gibt/gab es auch hier, allerdings ohne sich im Detail zu verlieren. Einen Lockdown gab es nie, Geschäfte, Restaurants, Hotels sind immer geöffnet geblieben.
Wo liegen die Unterschiede?
1.) Kindergärten und Schulen wurden als erstes geschlossen, und sind erst seit kurzem wieder mit reduzierten Klassengrößen im Wechselunterricht offen. Dass auch Kinder und Kleinkinder ihrem Alter entsprechende Masken tragen, ist selbstverständlich. Kinder zählen bei Kontaktbeschränkungen auch mit.
2.) Eine funktionierende sofortige Nachverfolgung und Unterbrechung von Infektionsketten mit strengen und weitgreifenden Quarantänemaßnahmen, die auch kontrolliert werden. Außerdem ist transparent, wo die Infektionen auftreten, wer betroffen ist. Infizierte werden im Krankenhaus behandelt, bis zwei Negativtests vorliegen, Haushaltsmitglieder und enge Kontaktpersonen sind für zwei Wochen in Quarantäneunterkünften und werden vor Entlassung ebenfalls getestet. Gerade weil so viele Leute eng zusammen wohnen, ist es umso wichtiger, Infizierte und mögliche Infizierte schnellstens „aus dem Verkehr zu ziehen“ und erst bei Gewissheit von nicht-mehr-ansteckend zu entlassen.
Wer weiß, wie viele von den sogenannten Genesenen in Hausquarantäne in Deutschland noch ansteckend sind, da ja keine Tests gemacht werden? Und wie lange es dauert, bis ein Verdachtsfall erstmal getestet wird, das Ergebnis vorliegt, die Quarantaene für alle (?) Mitbetroffenen angeordnet wird? Viel zu lange, und wenn dann noch ein Wochenende dazwischen liegt – oh je! In der Zeit kann man viele Leute anstecken.
Die „neuen“ Bestimmungen, die jetzt gelten, sind wieder mal die „alte Leier“. Weniger Kontakte, wobei immer noch die Kinder unter 14 Jahren nicht mitgezählt werden. Warum? Gerade jetzt, wo so viele Fälle an den Schulen auftreten, bleibt es bei dieser unverständlichen Ausnahme. Auf Radio Wuppertal habe ich gelesen, dass Herr Slawig gesagt hat: „Wo die Menschen sich anstecken, ist nicht ersichtlich“. Warum? Erhebt das Gesundheitsamt auch nach einem Jahr noch keine entsprechenden Daten, die darüber Aufschluss geben?
Wenn ein Lockdown jeglicher Art nicht greift, läuft wohl was anderes falsch. Kinder nicht mehr ausnehmen, Quarantäne schneller und kontrolliert. Schlechter kann das Ergebnis ja nicht werden.
Ein kleiner Nachtrag: Als neue Strategie gibt es sogenannte „ambush lockdowns“. Gebäude, in denen ein Fall aufgetreten ist, werden über Nacht unangekündigt abgeriegelt und alle Bewohner getestet. Bei Hochhäusern sind das nicht wenige, aber mit guter Organisation und Effizienz liegen bis zum nächsten Morgen alle Testergebnisse vor und die Bewohner können das Haus verlassen.
Auch werden in den verschiedenen Distrikten Abwasserproben entnommen und je nach Ergebnis „ambush lockdowns“ durchgeführt.
Seit kurzem wird die vom Gesundheitsamt betreute „LeaveHomeSafe“-App propagiert: Ohne erforderliche Registrierung seiner Person scannt man beim Betreten und Verlassen von Restaurants, Geschäften, Shopping-Malls, Büchereien, Ämtern, Taxi und so weiter den angezeigten QR-Code. Wenn eine infizierte Person zur gleichen Zeit am gleichen Ort war, erhält man eine Warnung. Nur wer die App nicht einsetzen will, muss sich schriftlich mit Namen und Telefonnummer registrieren.
Anja Vesper