Schwebende Vorstellung
Susanne Abbrederis, neue Intendantin des Schauspiels, stellte ihr Ensemble während einer Fahrt mit dem Kaiserwagen über der Wupper schwebend vor.
Zum Kennenlernen gab es manche Gelegenheit bei einer Aktion der Wuppertaler Bühnen zur Eröffnung der Reihe "Visitenkarten" — und das nicht nur für die ausgelosten Theaterfans: "Ob das schon der Kaiserwagen ist?", fragte im Schwebebahnhof Vohwinkel zum Beispiel Miko Greza skeptisch beim Anblick eines der nüchtern-orangenen Linienwagen. Ein wohl verzeihlicher Irrtum: Der Herr war noch recht frisch in der Stadt — er ist einer der acht Neulinge im Schauspiel-Ensemble.
In erster Linie diente die Sonderfahrt des Kaiserwagens aber der Vorstellung besagter Reihe und damit zugleich auch der neuen Gesichter, die Wuppertals Theaterfreunde nun häufiger sehen werden: Zu Beginn der Intendanz von Susanne Abbrederis, die alle begrüßte und dann ebenfalls Platz im Wagen nahm, wird das neue Ensemble — mit Thomas Braus als einzigem schon Bekannten — beim Publikum ganz individuell seine "Visitenkarte abgeben". Soll heißen: Über die Spielzeit verteilt gestaltet jeder von ihnen nach Gutdünken einen kleinen Solo-Abend.
Wie zum Beispiel Konstantin Shklyar: Der junge Schauspieler wird sich dem russischen Avantgardisten Daniil Charms widmen; in St. Petersburg ist er selbst aufgewachsen, bevor es zu ersten Engagements an der Berliner Schaubühne sowie verschiedenen österreichischen Theatern ging. Alle acht werden nun die seltene Gelegenheit haben, eine ganz neue Spielstätte als erste überhaupt zu betreten und mit Leben zu füllen: Die "Visitenkarten", aber auch alle weiteren Schauspielproduktionen der Saison werden im neuen "Theater am Engelsgarten" über die Bühne gehe.
Nebenbei war im Kaiserwagen beim Plaudern auch manch nettes Detail zu erfahren. Wobei der fünfjährige Kasimir sich bei der Fahrt vor allem für sein Bilderbuch über historische Schiffe interessierte: "Seinen Vornamen hat er vom Stück ,Kasimir und Karoline'", erzählte seine Mutter, Schauspielerin Philippine Pachl, "denn Ödön von Horváth ist mein Lieblingsautor". Wie sollte es anders sein: Für ihre persönliche "Visitenkarte" hat sie sich eine Geschichte des Österreichers ausgesucht.
Dramaturgin Cordula Fink-Schürmann wiederum, ebenfalls an Bord, ist seit ihrem Herzug selbst neugierig auf die Spuren von Wuppertals Geschichte, gern auch von der Schwebebahn aus: Für alle gibt es also noch so einiges zu entdecken.