Pandemie-Forschung bei AiCuris Wuppertaler Unternehmen testet möglichen Covid-19-Wirkstoff

Wuppertal · Die Wuppertaler AiCuris Anti-infective Cures GmbH hat am Montag (17. August 2020) die Einführung eines auf vier Säulen basierenden Programms “PREP – Pandemic and Resistance Emergency Preparedness” zur Bekämpfung der weltweiten Bedrohungen durch zukünftige Pandemien und Antibiotikaresistenzen bekanntgegeben. Der Wirkstoff AIC649 soll nun mit Blick auf die Corona-Krise in eine klinische Phase-1-Studie gehen.

Das AiCuris-Gebäude an der Friedrich-Ebert-Straße.

Foto: AiCuris

„Als führendes Unternehmen in der Entwicklung von Antiinfektiva konzentriert sich AiCuris seit jeher auf Indikationen mit hohem medizinischem Bedarf, wie die prophylaktische Behandlung von Infektionen mit dem humanen Cytomegalievirus (HCMV) bei Transplantationspatienten, durch Herpes-simplexVirus (HSV) verursachten Genitalherpes, die Heilung von chronischer Hepatitis B sowie AdenovirusInfektionen. Zusammen mit MSD haben wir 2017 erfolgreich unser erstes Produkt auf den Markt gebracht, einen neuartigen, nicht-nukleosidischen HCMV-Inhibitor, der zu einem Paradigmenwechsel in der Transplantationsmedizin führte“, so AiCuris-CEO Dr. Holger Zimmermann. „Mit unserem heute vorgestellten PREP-Programm verstärken wir unsere Bemühungen und fokussieren unser Portfolio, um die unserer Meinung nach größten, zukünftigen Bedrohungen für die globalen Gesundheitssysteme anzugehen. Die aktuelle COVID-19-Pandemie hat uns gelehrt, wie wichtig es ist, auf kommende Pandemien und Antibiotikaresistenzen vorbereitet zu sein. Als erwiesener Experte für die Entwicklung von Antiinfektiva mit umfassender Erfahrung in der Entwicklung von Produkten durch die Klinik bis zur Markteinführung sind wir fest entschlossen daran zu arbeiten und einen Beitrag zur Vorbereitung auf Pandemien und Bekämpfung von multiresitenten Keimen zu leisten.“

Die Entwicklung eines neuen, innovativen Medikaments zur Bekämpfung einer Virusinfektion dauere Jahre. Eine im Erfolgsfall schnellere Option sei die Prüfung eigener, bereits vorhandener Substanzen, um einen möglichen Wirkstoff gegen Corona zu identifizieren. AiCuris plant deshalb den Start einer klinischen Phase-1-Studie mit seinem Wirkstoff AIC649 zur Vorbeugung von COVID-19 und weiteren möglichen Infektionen mit Pandemie-Potenzial. AIC649 ist nach Unternehmensangaben „ein proprietäres inaktiviertes Parapoxvirus-Präparat, das eine natürliche, selbstlimitierende Immunantwort induziert und die entsprechende Immunantworten auf nicht verwandte Viren verstärkt“. Als neuartiger biologischer Immunmodulator habe AIC649 das Potenzial, gegen ein breites Spektrum von Viren wirksam zu sein und damit als FirstLine-Therapie im Falle einer neuen Pandemie eingesetzt zu werden.

AIC649 befindet sich derzeit in der klinischen Entwicklung und hat eine klinische Phase-1-Studie in cHepB-Patienten erfolgreich abgeschlossen. Die Studie habe die Sicherheit des Wirkstoffes gezeigt und Hinweise dafür geliefert, dass AIC649 das Immunsystem des Patienten stimulieren könne. „Die Bekämpfung von Corona und anderen viralen Pandemien allein ist jedoch nicht ausreichend", fährt Dr. Zimmermann fort. „Es hat sich gezeigt, dass die nächste Gesundheitskrise bereits vor der Tür stehen könnte. Die Europäische Kommission erwartet zwischen 2015 und 2050 Millionen von Todesfällen durch Antibiotikaresistenzen, wenn sich die aktuellen Infektions- und Resistenzbildungstrends nicht umkehren. AMR verlangt dringend nach innovativen Lösungen und neuartigen Ansätzen in der Antibiotikaentwicklung. Sofortige koordinierte Maßnahmen über alle Regierungssektoren und die Gesellschaft hinweg sind erforderlich, um die Entwicklung neuer resistenzbrechender Medikamente voranzutreiben und die Ausbreitung und damit das Auftreten von AMR zu minimieren.“

AMR sei ein hochkomplexes Problem, das die Gesellschaft insgesamt betreffe und von vielen miteinander verknüpften Faktoren bestimmt werde: „Dazu gehören der übermäßige Einsatz von Antibiotika (insbesondere in der Veterinärmedizin und in Viehfutter). Bestehende Erstattungsrichtlinien senken die Marktpreise, auch für neue Antibiotika, und machen die Entwicklung dieser Medikamente für Pharmaunternehmen unwirtschaftlich und unattraktiv. Dies führt zu einer vernachlässigten AMR-Forschung an neuartigen wissenschaftlichen Ansätzen, was zu einem Mangel an innovativen und resistenzbrechenden antimikrobiellen Therapien führt.“

Damit Ideen, die die nächsten resistenzbrechenden Antiinfektiva hervorbringen könnten, entsprechend gefördert werden, hat AiCuris ein Programm ins Leben gerufen, das junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei unterstützen soll, ihre außergewöhnlichen neuartigen Ansätze weiterzuentwickeln. Dabei können sie von Experten die präklinische und klinische Arzneimittelentwicklung, sowie die Besonderheiten des Pharmageschäfts lernen. Diese neu gestartete Initiative, ein innovativer unternehmenseigener „Accelerator“, soll unter dem Namen AiCubator ausgewählten Antiinfektiva-Projekten in der Forschung bzw. im Stadium der frühen Präklinik eine langfristige Unterstützung bieten.

Dr. Holger Zimmermann.

Foto: AiCuris

Akademische Forschungsgruppen oder kürzlich gegründete Biotech-Start-ups mit Anti-Infektiva-Projekten im Frühstadium sind eingeladen, sich für den AiCuris AiCubator zu bewerben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Antibiotika gegen Infektionen mit resistenten Gram-negativen Bakterien sowie der gezielten antiviralen Therapien zur Behandlung von Herpesviren, Adenoviren, Hepatitis B und Atemwegsinfektionen. Eingereichte Projekte werden von AiCuris-Experten anhand einer Reihe von Kriterien bewertet. Jedes Jahr werden bis zu drei Projekte mit dem „AiCubator Resident Status“ ausgezeichnet. Über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren erhalten die Gewinnerprojekte vor allem fachkundige wissenschaftliche Unterstützung, um ihre zugrundeliegenden Ideen und Ansätze auf ein fortgeschrittenes Niveau voranzubringen. Das Programm sollte Wissenschaftlern und Start-ups helfen, ihr eigenes Geschäft aufzubauen, indem es auch Beratung in Bezug auf Finanzierung und Geschäftsentwicklung bietet.

„Manchmal ist es nicht das Fehlen einer bahnbrechenden Idee, was die Entwicklung eines neuartigen, innovativen Antiinfektivums verhindert. Der Mangel an Finanzmitteln, aber auch fehlende Entwicklungs- und Geschäftserfahrung sowie begrenzte Ressourcen entmutigen junge Start-ups und Wissenschaftler und verhindern so die Entwicklung neuer therapeutischer Optionen“, erklärt Holger Schmoll, CFO der AiCuris Anti-Infective Cures GmbH. „Als eines der führenden Unternehmen im Bereich Antiinfektiva setzen wir uns dafür ein, jungen Wissenschaftlern mit unserem Fachwissen, Know-how und mit unserem breiten fachspezifischen Netzwerk dabei zu helfen, ihre Projekte weiterzuentwickeln."