Wuppertaler Familie Wieder Weihnachten in Nicaragua
Wuppertal · Ein einfaches, fast kärgliches Kirchlein in Matagalpa, im Stadtviertel Las Marias: Die Kirche ist aus Holz, das Fundament aus Stein, der Boden aus Erde, einfache, viel genutzte Bänke bieten Sitzfläche, eine einzelne Glühbirne schenkt ein schwaches Licht. Die Kirche ist voll, aber so viele Leute passen auch nicht hinein.
Drei Nachzügler, drei Brüder zwischen drei und sieben Jahren betreten noch die Kirche. Sie sind so arm, dass sie kaum bekleidet sind. Die Gemeinde singt Lieder, die auch uns bekannt sind, weil auch wir sie singen, nur eben auf Deutsch. Der damalige Direktor von CEPAD-Matagalpa, Alejandro Latino, hält den Gottesdienst. Im Anschluss gibt es „pollo relleno“, Huhn mit Erbsen und Möhren durcheinander, das auch nur durch seine Spende für alle reicht. Das Pastoren-Ehepaar, das sonst die Gemeinde betreut, bekommt als einziges ein Geschenk. Die Pastorin ist nicht glücklich. Sie meint später, sie hätten als Familie eher den Geldwert benötigt als ein Geschenk, denn sie sind bitter arm.
In Nicaragua leben die Pastorinnen und Pastoren vom Zehnten, den die Gemeindemitglieder ihnen geben. Doch der Zehnte von Nichts bleibt Nichts. Die Pastorenfamilie hungert, wie alle Gemeindemitglieder. Keine heilige Stimmung voller Besinnlichkeit. Auch in diesem Moment ist die bittere Armut da. Die kleine Mahlzeit mag einen Moment trösten. Das war 1992. Ein Weihnachten, das schon 26 Jahre vergangen ist. In Nicaragua hat sich viel verändert seit dem. Doch ob es den Menschen dort im Armenviertel Las Marias besser geht, weiß ich nicht. In den späteren Jahren haben wir uns daran gewöhnt, dass es an Weihnachten sehr warm ist. Am 24. Dezember haben wir in der Regel, wie unsere Kolleginnen und Kollegen auch, noch gearbeitet. Die Läden sind bis in den Abend hinein auf. Es wurden noch Geschenke gekauft. Wir hatten unsere schon organisiert. Geschenke kaufen am 24. Dezember um fünf Uhr abends waren wir einfach nicht gewohnt.
Jahrelang sind wir in Managua in die katholische Basisgemeinde von Bataola Norte gegangen. Messe im Freien, an einem lauen Weihnachtsabend, mit einem wunderbaren Flötenorchester. Der liebenswerte Padre Angel begleitete seine Gemeinde mit Liebe, Weisheit und Toleranz. Anschließend feierten wir im Haus mit einer Freundin. Kerzen an einem Baum? Fehlanzeige. Viele bunte blinkende Lichter an den großen Fensterscheiben, am besten mit eingebauter Weihnachtsmusik, wie bei unseren Nachbarn auch.
Feiertag ist der 25. Dezember, am 26. ist schon wieder Alltag. Da unsere Familie im fernen Deutschland war, haben wir uns am 25. mit der Wahlfamilie, Freunden, zu Kaffee und Kuchen getroffen. Die Kinder spielten im Garten. In den Nachbargärten war auch immer viel los. Man besuchte sich gegenseitig. Auch hier keine Besinnlichkeit, aber Fröhlichkeit.
Diese Erinnerungen an viele verschiedene Weihnachtsfeiern in Mittelamerika möchte ich nicht missen und bleiben mir in lebhafter Erinnerung. Eine offene Tür und kein abgeschottetes Familienfest sind mir bis heute wichtig.