"Is datt nicht datt an der Stange?"
Natascha Waage ist Poledancerin mit einem eigenen Studio. Die 34-Jährige will mit Vorurteilen aufräumen und den "Hochleistungssport" aus der Schmuddelecke holen.
Poledance? Wenn Natascha Waage erzählt, was sie beruflich macht, erntet sie stets eine hochgezogene Augenbraue, ein breites Lächeln und die amüsierte Gegenfrage: "Is datt nich datt an der Stange?" Ja, ist es. Doch die 34-Jährige ist angetreten, den "tollen Sport" aus der Schmuddelecke zu holen.
In Barmen hat sie ihr Pole-Studio "Crazy up & Pole" eröffnet, wo sie anderen Frauen Kraft, Ausdruck, Eleganz und die Kunst der Körperbeherrschung an der Stange vermittelt. "Poledance ist ein echter Hochleistungssport und verlangt viel Akrobatik", sagt sie. Das hat sie sich unter anderem als Funkenmariechen bei den "Kölner Rheinveilchen" antrainiert. "Nichts", sagt sie, "ist so anstrengend!" Auch als Gogo-Tänzerin bei den "Hot Stuff Artists" hat sie schon getanzt. Auch da gab es Stangen.
Angefixt von Youtube-Videos erfolgreicher Poledancerinnen, hat sich Natascha Waage dann schließlich selbst eine Stange gekauft. Wo man die bekommt? "Natürlich im Fachhandel, ist ja klar. Ein Jahr lang hat sie jeden Tag trainiert. Dann hat sie angefangen, an Meisterschaften teilzunehmen. Und das ziemlich erfolgreich. So hat sie in diesem Jahr bei der Weltmeisterschaft in England — ja, das gibt es — den zweiten Platz belegt. "Mir hat nur ein Punkt zum Sieg gefehlt", sagt sie wenig enttäuscht, aber ziemlich stolz.
Doch vor allem der Unterricht in ihrem eigenen Studio ist es, der der Mutter eines neunjährigen Sohnes aktuell viel Freude macht. Wer sich da so alles an der Stange versucht? Die durchtrainierte Frau lächelt. "Das geht quer durch alle Altersgruppen und Schichten", stellt sie klar und erzählt von Mutter und Tochter, die ebenso dabei sind wie eine Muslimin und eine über-50-Jährige. "Eigentlich kann jeder mitmachen, der Erfolg kommt mit dem Training."
Einer, der ab und an auch sein Können an der Stange probiert, obwohl er eigentlich lieber Fußball spielt, ist der Sohn von Natascha Waage. In der Schule danach gefragt, was denn die Mutter beruflich macht, hat der Neunjährige zum Entsetzen der Lehrerin und zum Spaß seiner Mitschüler frei heraus geantwortet: "Meine Mutter tanzt an der Stange." Die Folge: Die 34-Jährige wurde umgehend in die Schule zitiert.
"Manche Leute reagieren darauf leider noch immer mit Vorurteilen", bedauert die Tänzerin. Wer jedoch bereit ist, sich eines besseren belehren zu lassen, der ist herzlich eingeladen, im Barmer Studio vorbeizuschauen...