Interview mit syrischem Schriftsteller „Hunde werden hier geschätzt, Schriftsteller aber nicht“

Wuppertal · Delchad Heji vom Projekt "Refugee Voice TV" führte für die Wuppertaler Rundschau ein Interview mit dem syrischen Autor Helim Yusif über dessen Leben in Wuppertal.

Autor Helim Yusif.

Foto: privat

Nachrichten für Flüchtlinge, davon träumt Delchad Heji mit seinem Projekt "Refugees Voice TV". Das Team hat schon einige Flüchtlinge in Wuppertal porträtiert und die Interviews als Videos auf seiner Seite veröffentlicht. Für unsere Leser hat Delchad Heji eines seiner Interviews abgetippt: Er traf sich mit Helim Yusif (Foto rechts), einem syrisch-kurdischen Schriftsteller, der seit 18 Jahren in Deutschland lebt, um mit ihm über das Leben von Geflüchteten und Migranten zu sprechen — und darüber, dass Hunde in Deutschland mehr geschätzt werden als Schriftsteller.

Helim Yusif, arbeiten zu gehen bedeutet einen großen Verzicht auf Freizeit. In Deutschland geht man acht Stunden täglich arbeiten. Wann finden Sie da noch Zeit zum Schreiben?

Seit ich vor ungefähr 25 Jahren angefangen habe zu schreiben, habe ich nie versucht, vom Schreiben zu leben. Wo ich herkomme, verdient man mit dem Schreiben nicht genug Geld. Ich schreibe in meiner Freizeit, und da mir Schreiben wichtig ist, geht das. Das Schreiben, das ist eine Lebensbestimmung.

Viele Syrer haben die Vorstellung, dass sie als Schriftsteller oder Künstler von der westlichen Regierung Unterstützung erhalten. Haben Sie als Schriftsteller irgendeine Unterstützung bekommen?

Ich habe keine Unterstützung erhalten, im Gegenteil: Das Schreiben war in bestimmter Hinsicht ein Hindernis dabei, einen Job zu finden. Wir hatten alle diese Ideen über den Westen und Europa. Aber nachdem wir hier angekommen sind, sehen wir, dass es anders ist. In Syrien sagten die Leute zu mir etwas Lustiges, nämlich dass im Westen zwei Dinge sehr geschätzt werden: Hunde und Schriftsteller. Aber als ich hier ankam, habe ich bemerkt, dass zwar Hunde geschätzt werden, Schriftsteller aber nicht. Besonders schlimm ist es, wenn man nicht auf Deutsch schreibt.

In einer Geschichte in Ihrem Buch wird einem Schriftsteller geraten, in seinem Lebenslauf in Deutschland nicht zu erwähnen, dass er Schriftsteller ist. Ist Ihnen so eine Situation auch passiert?

Alles, was ich in meinem Buch geschrieben habe, sind Ausschnitte dessen, was ich in den letzten 15 Jahren in Deutschland erlebt habe. Ich denke, jeder Flüchtling kann fühlen, dass diese Geschichten real sind. Solche Geschichten sind uns allen passiert.

In Ihren Büchern schreiben Sie von Problemen, vor die Flüchtlinge gestellt sind, wenn sie sich in Deutschland integrieren wollen. Glauben Sie, dass ältere Menschen mehr Probleme haben, die neue Kultur zu akzeptieren und sich hier zu integrieren?

Ich denke, jeder muss für sich entscheiden, wo er zu Hause sein möchte. Ich ermutige niemanden, Deutschland als Heimat anzunehmen, aber ich bin auch nicht dagegen.

Übersetzt aus dem Englischen von Gloria Rosenkranz.