Angriff auf Fünfjährigen am Hauptbahnhof Beschuldigter bleibt in geschlossener Klinik
Wuppertal · Im Prozess um den Angriff auf einen fünf Jahre alten Jungen am Hauptbahnhof in Elberfeld ist der 23 Jahre alten Täter aus Gelsenkirchen am Donnerstag (25. Oktober 2018) für schuldunfähig erklärt worden.
Er berichtet von wirren Vorstellungen über ein religiöses Opfer, wurde daher als gemeingefährlich eingestuft und muss auf Dauer in einer geschlossenen, psychiatrischen Klinik leben.
Der Mann hatte zugegeben, am 12. April 2018 das fremde Kind gepackt zu haben und mit ihm vor eine S-Bahn gesprungen zu sein - um sich überrollen zu lassen, als der Zug in den Bahnhof einfuhr. Der vorsitzende Richter Ulrich Krege stellte fest: "Es handelt sich um einen Schwerstkranken, über den wir zu urteilen haben."
Staatsanwältin Dr. Dorothea Tumeltshammer erklärte im Plädoyer: "Für die Familie, die mit ihren drei Kindern am Bahnsteig wartete, wurde ein Albtraum wahr." Laut Zeugen hatte die Mutter geschrieen, als sie den Angriff bemerkte. Der Vater sei dem Täter unter den Zug hinterher gekrochen, nachdem die Bahn nach Notbremsung gehalten hatte. Er habe den 23-Jährigen getreten, damit er den Jungen los lasse. Beide hätten auf dem Schotterbett gelegen, zwischen den Schienen. Das Kind habe durch Glück nur Schürfwunden erlitten. Passanten hielten den Beschuldigten fest, bis die Polizei kam.
Die Staatsanwältin verdeutlichte: "Nur dem Zufall und der schnellen Reaktion des Lokführers ist es zu verdanken, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Der Beschuldigte konnte nicht damit rechnen. Das tat er auch nicht." Einem Gerichtspsychiater zufolge gibt der Mann immer wechselnde Antworten auf gleiche Fragen und erfindet Wörter. Der Inder habe ohne Papiere in Gelsenkirchen gelebt und sich gegen die Ausweisung gewehrt, andererseits aber erklärt, er wollte mit der Tat ein Zeichen setzen, damit er nach Indien zurück könne. Der Mann habe bestätigt, sich die Tat vorgenommen zu haben, noch bevor er in Wuppertal eintraf. Geister hätten ihn "geärgert". Seiner Version zufolge schreibe ein religiöses Mantra vor, dass ein Opfer gebracht werden müsse. Extrem beunruhigend habe er hinzugefügt: "Aus deutschem Boden muss Blut quellen." Bei anderer Gelegenheit soll er davon gesprochen haben, dass sein Bruder nach Berlin kommen sollte, um dort auf einem öffentlichen Platz ein Lamm zu opfern.
Auf welche Religion sich der 23-Jährige bezog, bleibt offen. Den Richtern bestätigte er, Sikh zu sein. In seinem Zimmer in einer Asylunterkunft sollen sich Hinweise auf mehrere Glaubensrichtungen befunden haben. Die Staatsanwältin verwies auf die Ermittlungen und stellte fest: "Ein islamistischer Hintergrund lag nicht vor. Es waren nach unseren Erkenntnissen keine weiteren Personen beteiligt."
Anwalt Hans-Georg Bothe sagte in seinem Plädoyer: "Man kann nur hoffen, dass er sich auf eine mögliche Therapie einlassen kann. Es wäre unverantwortlich, ihn auf freien Fuß zu setzen." Der Beschuldigte hatte im Prozess angemerkt: "Der Junge und ich leben noch. Keiner von uns ist schuld." Laut Gutachten muss er mit einem langem Aufenthalt in der Psychiatrie rechnen, weil er seine Krankheit nicht einsieht und Medikamente verweigert. Gegen das Urteil kann er Revision einlegen.
Im Sicherungsverfahren ging es nur um die Sicherheit der Allgemeinheit. Grund ist, dass der Beschuldigte bei der Tat schuldunfähig war und deshalb nicht bestraft wird.