Prozess vor dem Landgericht Anklage: Mutter hütete die Cannabisplantage
Wuppertal · Sieben Angeklagte, 57 Fallakten und 50 Zeugenanhörungen in 42 bislang angesetzten Verhandlungstagen: Vor der 3. Strafkammer des Landgerichts liegt ein Mammutverfahren wegen des bandenmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln. Dreh- und Angelpunkt der Beschaffungsfahrten aus den Niederlanden und des Weitertransports nach Dänemark, Schweden, Österreich, Italien und die Schweiz soll ein Haus in der Küllenhahner Straße gewesen sein.
Dort soll der Organisator der Kurierfahrten Tomi Z. (35) gewohnt haben. Mit auf der Anklagebank: Dessen Mutter, die zur Tarnung bei den Kurierfahrten mitgefahren sein soll. Dazu soll sich die 67-Jährige auch um die Cannabisplantage gekümmert haben, die ihr Sohn zusammen mit einem weiteren Angeklagten im Gewerbegebiet in der Geranienstraße unterhalten haben soll. „Sie hat die Pflanzen gegossen und gepflegt“, war bei der Anklageverlesung zu hören.
Ebenfalls unter den Angeklagten: Eine 29-Jährige Versicherungsangestellte und deren Lebensgefährte (34), beide haben mittlerweile einen gemeinsamen Sohn. Anfangs saß die Frau - wie auch die anderen Angeklagten - in Untersuchungshaft. Nach wenigen Wochen wurde sie - mittlerweile in Elternzeit - aus der Haft entlassen, um sich um ihr Kind kümmern zu können. Ihr Freund hofft nun, nach dem bereits angekündigten Geständnis und der Urteilsverkündung in den offenen Vollzug kommen zu können.
Der Anklagevorwurf: Geschätzte 75 Kg Kokain im Marktwert von über 2 Millionen Euro und weitere 90 Kg Amphetamine sollen von Januar bis Juni 2018 aus den Niederlanden abgeholt, und über den Zwischenstopp in der Küllenhahner Straße zu den Abnehmern ins europäische Ausland transportiert worden sein. Die fünf angeklagten Männer und zwei Frauen sollen in unterschiedlicher Weise am Drogenhandel beteiligt gewesen sein. Die Frauen sollen vor allem mitgefahren sein, um die Kurierfahrten als touristische Reise zu tarnen. Teilweise sollen sie auch selbst gefahren sein - von der 29-Jährigen weiß man, dass ihr Lebensgefährte sie vor der Übergabe der Drogen aus dem Auto hat aussteigen lassen, um allein zum Übergabeort zu fahren. Die Hintermänner sind bislang nicht bekannt - unter ihnen soll auch der „König von Naestved“ sein.
Einer der Angeklagten hat die ihm vorgeworfenen Taten bereits gestanden. Er will seit 2016 dabei gewesen sein - anfangs allerdings noch unwissend. „Mir wurden 500 Euro angeboten dafür, dass ich mich einfach ins Auto setze und mitfahre.“ Allzu viel habe er sich dabei nicht gedacht, später habe er die Kurierfahrten mit dem mit Schmuggelverstecken in der Mittelkonsohle und den Seitenschwellern ausgestatteten Fahrzeugen dann auch allein gemacht.
Bei einer der Fahrten will er mehrere hunderttausend Euro im Auto verstaut und in Wuppertal abgeliefert haben. Wer das Kurierfahrzeug besorgt habe? „Auf einmal war es da“, erinnert sich der geständige Angeklagte auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Thomas Bittner. Weitere Mittäter haben ihr Geständnis bereits angekündigt. Der in Venlo wohnende Radovan M. hat die Tatvorwürfe hingegen bestritten. Ihm wirft die Anklage vor, der Organisator gewesen zu sein und Aufträge von Hintermännern weitergegeben zu haben. Er selbst ließ über seine Anwälte erklären, den in der Küllenhahner Straße wohnenden Wuppertaler gekannt zu haben - aber das sei ja wohl nicht strafbar. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.