Die Wuppertaler Mutmacher 2017 Mit Optimismus und Können das Ziel erreicht

Wuppertal · Das TalTonTheater ist seit zehn Jahren ein fester Bestandteil der Wuppertaler Kulturszene. Nach dem Ende des Rex-Theaters wagte das Ensemble den Sprung ins Ungewisse und eröffnete ein eigenes Theater.

Eine ungewöhnliche kulturelle Erfolgsgeschichte kann das TalTonTheater erzählen. Im Jahr 2006 lud der gerade gegründete Theaterverein, der mit Angela del Vecchio, Jens Kalkhorst, David Meister und Maurice Kaeber gerade mal aus vier Personen bestand, zur ersten Pressekonferenz in ein leerstehendes Ladenlokal an der Schleswiger Straße. Theater für Wuppertal wolle man machen, so lautete die Devise von Regisseur Jens Kalkhorst und seinen vier Darstellern. Große Ziele, von vielen mit einem Lächeln abgetan.

Aber die "Taltöner" traten an, um das Gegenteil zu beweisen. "Unterstützung erhielten wir von Martina Steimer, die uns im kleinen Saal des Rex-Theaters spielen ließ. Auch unsere Endproben fanden dort statt. Von Beginn an habe ich nicht nur auf Komödien gesetzt, sondern auch den Klassikern Raum gegeben und einigen musikalischen Produktionen", erinnert sich Kalkhorst an die ersten Schritte der jungen Theatergruppe. "Damals im Rex, das war eine Situation fast wie in Abrahams Schoß, doch dann kam der Schock, das Rex machte dicht und wir verloren unsere Heimat", ergänzt David Meister.

Nun war guter Rat teuer. "Durch die verschiedenen Spielstätten zu tingeln, war nicht unser Ding. Und um die Bude einfach dicht zu machen, dafür waren wir mittlerweile zu groß geworden. Auch hatten wir bereits ein festes Publikum, das wir nicht enttäuschen wollten. So entstand die Idee, ein eigenes Theater zu bespielen", erinnert sich Kalkhorst, der bis heute künstlerischer Leiter des Ensembles ist. "David und ich haben lange darüber diskutiert, dann stand für uns beide fest, dass wir es gerne wagen würden. Aber vorher musste der Verein grünes Licht für diese Pläne geben."

Dessen Zustimmung kam schnell, doch dann begann 2009 die schwierige Suche nach einer geeigneten Immobilie. "Rund 18 Monate lang sind wir durch Wuppertal gezogen und haben Räumlichkeiten besichtigt, dann fanden wir in der ehemaligen Goldzack-Fabrik an der Wiesenstraße das passende Objekt. Allerdings gehörte damals noch eine gehörige Portion Fantasie dazu, sich hier einmal ein Theater vorzustellen", lächelt Kalkhorst und lehnt sich auf dem Sofa im gemütlichen Bistro des Theaters zurück.

Die Gründungsmitglieder und der mittlerweile stark angewachsene Verein setzten alles auf eine Karte, sie nahmen private Kredite auf und packten beim Umbau selbst kräftig mit an. Denn es musste schnell gehen, Einnahmen fehlten und die finanzielle Situation wurde kritisch. Im Januar 2012 hob sich an der Wiesenstraße erstmalig der Vorhang für Esther Vilars Stück "Der dressierte Mann" und für eine Erfolgsstory, die bis heute anhält. 35 Premieren hat es am neuen Spielort, der über knapp 90 Plätze verfügt, bereits gegeben. Nicht nur in Wuppertal und in der ganzen Region, auch im Quartier ist das TalTonTheater bekannt und beliebt.

"Unsere erfolgreichste aber auch aufwendigste Produktion war bisher 'Die Piraten', sie geht im April 2017 in die vierte, aber dann definitiv letzte Runde. Sie hat sich künstlerisch und finanziell gelohnt. Es ist schön, wenn man Menschen emotional berühren kann", zieht Kalkhorst eine überwiegend positive Bilanz. Aber es gab auch Rückschläge: "2015 war leider ein schlechtes Jahr, da habe ich beim Spielplan Fehler gemacht.

Zeitgenössische Dramatik kam nicht so gut an. Aber es stimmt nicht, dass man nur Boulevard bringen kann. Beim Spielplan muss man eben aufs Publikum schauen, auf die Finanzen und auf das Ensemble. Dann stellt sich die Frage, ob wir vom Verlag die Rechte bekommen. Das alles ist nicht leicht, fordert aber die Kreativität und bereichert mein Leben", ist der Regisseur nach wie vor ganz bei der Sache und glücklich darüber, dass die aktuelle Spielzeit mit sieben Neuproduktionen und drei Wiederaufnahmen großartig läuft. Dazu kommen immer mehr hochkarätige Gastspiele von Künstlern, die im Rex auftraten und nun an der Wiesenstraße ideale Bedingungen vorfinden — ist hier doch die Nachbildung des Kleinen Hauses im Rex entstanden.

Jetzt geht's mit Schwung und Optimismus ins neue Jahr, das am 14. Januar mit Klaus Theweleits Romanadaption "Männerphantasien" startet. Mit Schillers "Die Räuber" geht es im Februar klassisch weiter, bevor "Licht ins Dunkle" nach dem autobiographischen Roman von Helen Keller auf die Bühne kommt. Schon Tradition ist das Märchenfestival am 25. Juni im Freilichtmuseum Lindlar, das jährlich um die 5.000 Besucher zählt, so dass das Ensemble insgesamt pro Jahr rund 10.000 Zuschauer begrüßen kann.

"Das alles ginge nicht ohne unsere engagierte Mannschaft: 50 Mitglieder hat der Verein, 20 davon sind regelmäßig auf der Bühne zu sehen, die anderen engagieren sich hinter den Kulissen. Und dafür möchte ich diesen Menschen danken", weiß Jens Kalkhorst den Einsatz der Truppe zu würdigen. Und damit der Aufschwung weiter anhält, gibt es seit zwei Wochen auch einen Förderverein gibt, dem hoffentlich noch viele Theaterfans beitreten.

In der Kulisse der Produktion "Weihnachten auf dem Balkon" stellten sich die Mitglieder des TalTonTheaters zum Gruppenbild auf, bevor es zur traditionellen Weihnachtsfeier ging. Die Zeit zwischen den Tagen ist spielfrei, so dass alle einmal kräftig durchatmen können...Foto: privat