Landgericht Wuppertal Vorwurf der illegalen Abfallbeseitigung: Bewährung statt Haft

Wuppertal · Der Untermieter hat ein rostiges Fahrrad mit Platten bei Ihnen im Hof abgestellt? Die Nichte hat Ihnen für die neue WG den alten, aber noch rüstigen Kühlschrank abgebettelt? Der Freund hat sein altes Auto mit Kotflügelschaden auf ihre Garageneinfahrt gestellt und wartet auf das Geld der gegnerischen Versicherung? Erzählen Sie es bloß niemandem weiter, denn das könnte sie ganz schnell vors Gericht bringen ...

Der Unternehmer mit seinem Anwalt vor dem Prozess.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Einen Kühlschrank mit FCKW-Füllung darf man zwar selbst noch nutzen - aber verschenken? Das ist strafbar! Das rostige Fahrrad und das nicht fahrfähige Auto? Gefährlicher Abfall, muss dringend entsorgt werden. Schnell verkaufen über Kleinanzeigen? Noch schlimmer, das wäre illegale Abfallbeseitigung - da sucht man sich besser gleich einen guten Anwalt. Dabei gehören einem diese Dinge doch noch nicht einmal - egal, die Behörde interessiert‘s nicht.

Genau dieses Problem hatte jetzt ein Wuppertaler Unternehmer vor dem Landgericht. Seine guten Beziehungen zu Schwarzafrika aus dem Studium nutzt er seit Jahren in seiner Verschiffungsagentur. Eine große Fabrikbrache an der Industriestraße in Vohwinkel hatte er in Parzellen aufgeteilt und an Kunden aus Afrika vermietet. Die wiederum stapelten dort in abgeschlossenen Lagern all das, was ihre Landsleute an Preiswertem und noch halbwegs Brauchbarem suchten. Im ebenfalls vermietetem Container gingen diese Teile dann über Antwerpen per Schiff tief in den Süden, der Unternehmer stand derweil mit Rat und Tat zur Seite.

Aus seiner beinahe privaten Unternehmung, die anfangs Kolonnen von ausrangierten, aber fahrtüchtigen Autos, Bussen und Lastwagen per Achse nach Afrika überführte, war schnell ein größeres Unternehmen geworden. Die Autos wurden vollgepackt und kamen in Container. Der freie Raum wurde vorzugsweise mit Elektrogeräten wie alten Röhrenfernsehern und Kühlschränken bis zur Schmerzgrenze ausgefüllt. In den wilden Anfangsjahren konnte es dann schon mal passieren, dass ein Containerschiff wegen ungeschickter Überladung im Antwerpener Hafen auf Grund ging.

Das Geschäft wurde immer umfangreicher - gleiches galt aber auch für die Umweltschutzbestimmungen in Europa, die drastische Exportbeschränkungen zur Folge hatten. Kühlschränke mit FCKW-Füllung, auch Röhrenfernseher und alle nicht funktionierenden Elektrogeräte durften nicht mehr ausgeführt werden. Dies war zwar vielen Kunden bewusst, der Unternehmer sparte auch nicht mit Hinweisen in den verschiedensten Sprachen. Trotz allem wurde in afrikanisch großzügiger Weise gerne darüber hinweggesehen, Geschäft ist Geschäft.

Nicht nur beim Zoll machte das Probleme - auch in den Lagerparzellen und auf den Freiflächen sammelte sich einiges an, das heimlich dort hingebracht worden war und nicht exportiert werden konnte. Kontrollen vom Zoll und den Umweltschutzbehörden zählten 1.400 FCKW-Kühlschränke, rund 1.000 Röhrenfernseher, jede Menge ausgebauter Kompressoren von Kühlschränken und sonstige defekte Elektrogeräte.

Das brachte dem angeklagten Unternehmer nun den Vorwurf ein, in der Industriestraße ein illegales Abfallbeseitigungsunternehmen zu betreiben, das sofort seinen Betrieb einzustellen habe. Sein verdutztes Argument, dass die Teile nicht sein Eigentum wären und er nur die Lagerflächen vermietet habe, sein Hauptgeschäft aber die Verschiffung nach Afrika sei, zog nicht. Er sei als Vermieter für den Missbrauch der Flächen verantwortlich.

Dauernde Kontrollen der Behörden erkannten keine Besserung der Situation – das Gelände war zu unübersichtlich, seine eigenen Kontrollen nicht ausreichend und die ausgemusterten Kühlschränke wurden nicht weniger. Ein Kontrollgang im Jahre 2014 führte zum Eklat, der Unternehmer wurde verklagt und als persönlich haftender Eigentümer des Geländes zu einem Jahr und drei Monaten Haft verurteilt.

Dagegen ging er nun in die Berufung beim Landgericht, wobei er nach genauem Studium der rechtlichen Situation zwar einsichtig war, aber die Haft nach Möglichkeit vermeiden wollte. Auch mit Hinblick auf die lange Verfahrensdauer seit 2014 wurde die Haft auf Bewährung ausgesetzt – eine Zahlung von 2.000 Euro zugunsten der Wuppertaler Tafel kommt hinzu. Als Grund für die Bewährung sah das Gericht eine positive Prognose: Nach dem Verkauf des ursprünglichen Geländes kommt jetzt der Neuanfang mit einer neuen Firma auf einem Gelände hinter dem Barmer Bahnhof. Das bietet mehr Kontrollmöglichkeiten und kann besser abgeschlossen werden. Damit könnten die Hauptmängel aus Sicht der Behörden beseitigt sein.

Ein Problem scheint hingegen noch nicht gelöst zu sein: Die Gesetzeslage ist für Nichtfachleute reichlich undurchsichtig, die Kriterien wenig transparent. Hinzu kommt: Die Ahnungslosigkeit über drohende Straftatbestände ist selbst bei passionierten Mülltrennern weit verbreitet.