Interview zu den aktuellen Demonstrationen für mehr Krankenhauspersonal "Es ist nicht mehr zu leisten"
Wuppertal · 162.000 Arbeitskräfte fehlen in deutschen Krankenhäusern, mit dieser Zahl geht "ver.di" in eine Kampagne gegen den Personalmangel. Mit der für das Wuppertaler Gesundheitswesen zuständigen Gewerkschaftssekretärin Silke
Iffländer sprach Hendrik Walder.
Wenn man die bundesweite Zahl auf Wuppertal überträgt, fehlen in Wuppertal fast 3.000 Krankenhausmitarbeiter. Ist das eine realistische Zahl?
Nein, das ist so nicht vergleichbar. Aber wir haben beim Nachtdienstcheck im März auch vor Ort festgestellt, dass man das Personal eigentlich verdoppeln müsste. Nur Großstationen haben nachts mehr als eine Pflegekraft und auf Intensivstationen müssen Pfleger oder Schwestern meist drei bis vier Patienten gleichzeitig versorgen.
Sie fordern eine gesetzliche Personalbemessung. Ist die denn angesichts völlig unterschiedlicher Anforderungen überhaupt darstellbar?
Es ist natürlich kompliziert, dafür ein System zu finden. Aber wenn man den jeweiligen Aufwand in verschiedene Pflegestufen eingruppiert, wäre das schon mal ein Anfang.
Wie kommt es denn plötzlich zu einer nach Ihrer Ansicht so dramatischen Situation?
Das Pflegepersonal ist nun mal leidensfähig. Aber der Druck ist immer größer geworden. Wenn Patienten eine Stunde lang in ihren Exkrementen liegen oder erst nach Stunden ihr Tod bemerkt wird, dann muss etwas passieren. Die Patienten werden immer älter und pflegebedürftiger, sie brauchen auch Ansprache, aber das ist ja alles nicht mehr zu leisten.
Wobei der Personalmangel nach Ihrer Auffassung nur knapp zur Hälfte die Pflege betrifft. Wo sind denn die anderen Engpässe?
Sehr stark zum Beispiel im Reinigungsbereich. Hygiene spielt eine immer größere Rolle im Krankenhaus, multiresistente Keime werden mehr und mehr zum Problem. Auch die Häuser in Wuppertal arbeiten in diesem Bereich mit Tochtergesellschaften, deren Mitarbeiterinnen in viel zu kurzen Zeitbemessungsgrenzen arbeiten müssen.
An wen richtet sich Ihr Appell, wie wollen Sie die Verhältnisse verbessern?
Es sind dies in erster Linie Forderungen an die Bundespolitik. Das Prinzip der Fallpauschalen muss generell überdacht werden, man braucht verbindliche Personalbemessungen und mehr öffentliche Mittel für Krankenhausinvestitionen. Denn zurzeit können die Häuser nur investieren, wenn sie sich den Spielraum dafür über Personaleinsparungen verschaffen.