Stadtfinanzen: Spiel mit Risiko
Wuppertal · Wuppertal muss bis Ende 2017 den Haushaltsausgleich schaffen. Für den Stadtkämmerer eine Rechenoperation mit vielen Unbekannten.
Der Doppelhaushalt 2016/17 wird ein historischer: Erstmals seit 25 Jahren soll dabei für die Stadt Wuppertal am Ende kein Fehlbetrag mehr stehen bleiben, der die Schuldenlast der Stadt weiter erhöht. Dazu hat man sich im Rahmen des Stärkungspaktes verpflichtet. Im August wird der Entwurf in den Rat eingebracht. "Das wird anspruchsvoll und ist kein Selbstläufer", hebt Stadtkämmerer Johannes Slawig aber schon jetzt den Finger. Und fügt hinzu: "Es gibt vier bis fünf Entwicklungen, die wir beobachten müssen."
Was er damit meint, macht die aktuelle Ergebnisprognose für 2015 deutlich. Danach liegt die Stadt zwar genau auf Kurs in Richtung des eingeplanten Fehlbetrags von 20,5 Millionen Euro zum Jahresende — aber nur, weil massive Verschlechterungen in einzelnen Bereichen durch Verbesserungen in anderen kompensiert werden konnten. Was praktisch alle gemeinsam hatten: Die Stadt kann sie kaum beeinflussen.
3,1 Millionen Euro aus gewonnenen Klagen der Länder gegen den Bund im Bereich Soziales, vier Millionen Einsparungen durch günstigere Zinsen für die Kassenkredite, 1,5 Millionen Euro eingesparte Gehälter während des Kita-Streiks stehen und fast zwei Millionen Euro zusätzlich Erstattungen aus dem Asylgipfel stehen unter anderem auf der Habenseite. 4,2 Millionen extra für Hilfe zum Lebensunterhalt und Hilfe zur Pflege, 2,4 Millionen Euro weniger Wohngeldentlastung, drei Millionen Euro Mehraufwand bei den Personalkosten als Folge der Tarifverhandlungen belasten dagegen das Ergebnis.
Genau wie eine andere bemerkenswerte Zahl: Alleine 3,4 Millionen Euro — so die Prognose — muss die Stadt 2015 für die Betreuung unbegleiteter minderjährige Flüchtlinge vorlegen. Kosten, die ein Jahr zu 90 Prozent vom Land erstattet werden, das Ergebnis aber erst einmal drücken. Bei den Aufwendungen für Asylbewerber bleiben sogar drei Viertel an Wuppertal hängen. "Bund und Land müssen endlich die vollen Kosten für Asylbewerber übernehmen", fordert Slawig daher. Sonst sei der Haushaltsausgleich nicht zu machen.
Der hängt aber auch so am seidenen Faden, weil die Gewerbesteuer als größte städtische Einnahmequelle schwer zu kalkulieren ist. Dazu kommt das Zinsproblem. Aktuell profitiert Wuppertal vom historischen Zinstief. Aber: "Jede Erhöhung ist kritisch", sagt Slawig, das größte Risiko sei das jedoch nicht, weil er mittelfristig an ein stabiles Zinsniveau glaubt. Oder zumindest darauf hofft.
Einnahmeausfälle müssen am Ende irgendwie kompensiert werden, daran lässt Slawig keinen Zweifel: "Dem Haushaltsausgleich ordne ich alles unter." Was das innerhalb einer Struktur bedeutet, in der die Stadt 95 Prozent ihrer Ausgaben nicht beeinflussen kann, liegt auch auf der Hand: "Unser Sanierungsplan verlangt vielen vieles ab."