Runder Tisch im Rathaus Bessere Luft möglichst ohne Fahrverbote

Wuppertal · Wie lassen sich die Stickoxidwerte in Wuppertal weiter verbessern und Fahrverbote für Dieselfahrzeuge vermeiden? Zu diesen Fragen hatte Oberbürgermeister Andreas Mucke am Mittwoch (18. Oktober 2017) Vertreter der Bergischen Universität und des Wuppertal Institutes, der IHK und der Kreishandwerkerschaft, der Wuppertaler Verkehrs- und Umweltverbände, von Politik und Verwaltung, WSW und AWG zu einem "Runden Tisch nachhaltige Mobilität" in das Rathaus eingeladen.

OB Andreas Mucke.

Foto: Bettina Osswald

"Ich möchte gemeinsam mit allen Akteuren konkrete Vereinbarungen erarbeiten, die kurzfristig Fahrverbote vermeiden helfen und mittel- und langfristig dazu beitragen, eine zukunftsfähige, nachhaltige Mobilität in Wuppertal zu ermöglichen", erklärt Mucke seine Initiative.

Schon mit dem Titel solle deutlich werden, dass die Initiative das Thema deutlich weiter fassen möchte, als nur mit dem Fokus auf den Ausstoß von Dieselmotoren, machte Verkehrsdezernent Frank Meyer deutlich.

Dr. Anja Miethke, Luftexpertin der Stadt, beschrieb de aktuelle Wuppertaler Situation: So liege der Stickoxidwert an der Messstation Gathe immer noch rund 20 Prozent über dem EU-Grenzwert. Insgesamt wurde der Grenzwert im Jahresmittel an 16 von 24 Messstationen überschritten, wobei gezielt an den vermutlichen Hot-Spots gemessen werde: Dies seien die dicht und mehrstöckig bebauten Straßenschluchten mit hohem Verkehrsaufkommen in Nord-Süd-Ausrichtung.

Allerdings: Hohe Werte an einer Messstation, etwa an der Briller Straße, bedeuteten nicht, dass die Werte für die Anwohner in der unmittelbaren Umgebung ebenfalls hoch seien. Das Problem trete abhängig von vielen Faktoren punktuell auf und sei sehr komplex. Positiv außerdem: Die Feinstaubwerte liege in Wuppertal seit vielen Jahren unter dem Grenzwert.

Prof. Peter Wiesen von der Bergischen Uni (Fakultät Physikalische Chemie) betonte, dass die Luftqualität insgesamt — mit Ausnahme der Ozonwerte - in den vergangenen Jahrzehnten immer besser geworden seien, auch die Jahresmittelwerte des Stickstoffdioxids. Ein großes Problem in der Diskussion sei, dass die Emissionen von Motoren auf Prüfständen grundsätzlich keine Aussagekraft für die Emissionen im realen Betrieb zulassen würden.

Wiesen verwies auf völlig unterschiedliche Grenzwerte, etwa für Arbeitsplätze, oder in verschiedenen Ländern, und verblüffte die Zuhörer mit der Erklärung, dass bei jedem Candlelightdinner die Luft im Wohnzimmer mit dem drei- bis vierfachen Stickoxid der Verkehrsgrenzwerte belastet würde. Es bleibe aber als Fazit der Experten, dass ein relevanter Einfluss auf die Luftwerte letztlich nur durch ein verändertes Mobilitätsverhalten der Bürger möglich sei.

In der Diskussion ging es um konkrete Hot-Spots und Maßnahmen für Wuppertal. Ein erstes Maßnahmenpapier wurde bereits von der Fachverwaltung an die Bezirksregierung zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans gemeldet — auch mit Blick auf den vom Bundeskanzleramt angekündigten Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro für bessere Luftwerte in den Kommunen.

Dazu gehören die weitere Umstellung des städtischen Fuhrparks auf E-Mobilität, ein Test mit wasserstoffbetriebenen Bussen und AWG-Fahrzeugen, Radleih- und Mobilitätsstationen, eine Mobilitäts-App, Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Mobile, City-Logistik-Konzepte, Filternachrüstung auf Euro 6, effizientere Ampelsteuerungen, ein Prämienprogramm für emissionsarmes Fahren bei WSW mobil oder ein Heizungserneuerungsprogramm der WSW und des Handwerks mit dem Titel "Talkessel". "Dazu brauchen wir aber auch die finanziellen Mittel von Bund und Land", betonte Mucke. "Sonst können wir das nicht leisten."

Diskutiert wurden außerdem eine Verlängerung des Solinger Oberleitungssystems, Lastenradsysteme oder restriktive Maßnahmen, wie etwa eine City-Maut. Ein Pluspunkt für Wuppertal: Der ÖPNV-Anteil am Gesamtverkehr ist im Städtevergleich mit rund dreißig Prozent sehr hoch. Einig waren sich die Teilnehmer in ihrer Kritik an der Automobilindustrie und dem Bund.

"Wir haben heute wichtigen Input bekommen", so Andreas Mucke nach zwei Stunden. "Den müssen wir nun mit den Maßnahmenkonzepten zusammenbringen, die es schon gibt." Das soll nicht in der großen Runde sondern in Themen-Arbeitsgruppen passieren, zu denen kurzfristig eingeladen werden soll.